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Kunstberichte

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Suche Fisch, biete Wasser

Aufzählung (cai) Das einzige stehende Gewässer bei mir daheim ist ja bestenfalls eine Flasche Cola. Schon deshalb war ich tief beeindruckt vom wildromantischen Fischteich, den Alfredo Barsuglia angelegt hat. Quasi das Goldfischglas für Fortgeschrittene. Man betritt also die Galerie Feichtner und ist mittendrin: in der Wildnis. Man steht in einer gemein hinter der Tür platzierten Kuhflade? Nein. Der ganze erste Raum sieht aus wie die unberührte Natur höchstpersönlich. Sicher eine Fälschung. (Der Barsuglia ist ja verdammt gut im Nachmachen.) Andrerseits: Das Wasser ist eindeutig nass. Sonst könnten da drin ja keine Fische herumschwimmen. Und die Pflanzen wirken ebenfalls absolut echt. Um das Feuchtgebiet trockenen Fußes zu überqueren,muss man auf ein paar Steine draufsteigen. Dabei fühlt man sich wie in diesem Film. Wie in "Piranhas 3D"? Nein, wie in "Findet Nemo". Die Goldfischerln sind nämlich so schüchtern, die verstecken sich dauernd.

So, da denkt man nun, nix könnte einen jetzt noch überraschen, doch plötzlich ist man mit fast komplett leeren Blättern konfrontiert, die der Künstler mit seinem Zauberstab berührt hat (mit dem Pinsel). Da ist höchstens eine lebensgroße Stubenfliege droben. Oder ein Maikäfer. Mit zwangsneurotischer Präzision gemalt. Stell dir vor, es ist Kunst und nur eine Fliege krabbelt hin. (Humor hat er also auch.) Im Keller lässt er dann den inneren Schweinehund raus. Ach, vermutlich liegt’s eh nicht an mangelnder Arbeitsmoral, dass er seine hyperrealistischen Porträts nie fertig malt. Sondern am Reiz des Unvollendeten. Einmal muss man sich anhand von Requisiten gleich selber ein Bildvon jemandem machen, der nicht da ist. (Der Barsuglia baut auch gern Bühnen.) Die Fernbedienung zum Einschalten des dazugehörigen Tons war, als ich dort war,freilich grad kaputt. Ich hab da eine Theorie, warum: Das ist in Wahrheit ein geschminkter Müsliriegel .

Lukas Feichtner Galerie

(Seilerstätte 19), Alfredo Barsuglia, bis 8. Jänner

Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr, Sa.: 10 – 16 Uhr

Zu Fuß durch die Galaxis

Aufzählung (cai)Aha, das müssen lauter künstlerische Interpretationen der zentralen Weihnachtspflanze sein. Mir wär’ so ein Christbaum ja zu avantgardistisch, aber diese Geflechte aus Stacheldraht sind zumindest originell. Stacheln statt Tannennadeln. Oh, das sind ja gar keine Stacheln, das sind Menschen! Fußgängerkarawanen! Ach, wenn man auf diese eh ziemlich botanischen Objekte (immerhin hängen da Tannenzapfen dran) Kerzen draufsteckt, kann man sie trotzdem als Weihnachtsbäume verwenden. Gunter Damisch hat hier im Grunde die typischen Wege aus seinen Malereien in Bronze gegossen. Kosmische Trampelpfade. Denn bei ihm reist man offenbar nicht per Anhalter, sondern per pedes durch die Galaxis. Und ob etwas ein primitiver Organismus ist, der auf der Ursuppe dahergeschwommen ist, oder ein Stern, ist sowieso Ansichtssache. Die neueren Bilder sind ja wenigstens farblich sensibler als die oft sehr platten älteren.

Hilger Contemporary und Hilger Modern

(Dorotheergasse 5), Gunter Damisch, bis 23. Dezember

Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr, Sa.: 10 – 16 Uhr

Die stählerne Jungfrau

Aufzählung (cai)Wolfram Ullrichs Spezialität ist also die schwebende zersägte Jungfrau. (Die Dame entweder abheben zu lassen oder zu zerschnipseln, das lockt ja kein Kaninchen mehr aus dem Hut heraus.) Okay, eigentlich schneidet er keine Jungfrauen in drei Teile (macht aus ihnen ein Triptychon), sein Trick ist vielmehr das zersägte schwebende Tafelbild . Aus Stahl! Da bringt doch glatt einer ein Metall dazu, fast schwerelos in den Raum zu ragen. (Man reibt sich ungläubig die Augen.) Natürlich alles eine optische Täuschung. Die perspektivisch verzerrten Vierecke überlisten das Hirn.

Galerie Lindner

(Schmalzhofgasse 13), Wolfram Ullrich, bis 21. Jänner

Di. – Fr.: 14 – 18 Uhr

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Printausgabe vom Mittwoch, 01. Dezember 2010
Online seit: Dienstag, 30. November 2010 17:37:00

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