Grob- bis feinkörnig
Helga Reichart Innsbruck (SN). Wir sind in der Tiroler Galerie Bernd Kugler und staunen wieder einmal: An den Wänden hängen großformatige Arbeiten in edlen, monochromen Farben und unterschiedlichen Formaten auf ungewöhnlichen Bildträgern; keine Bilder, eher Reliefs. Der Titel der Schau hilft vorerst nicht weiter: „Pistill der Iris“.
Dieses Satzfragment aus einem Text hat die Idee des Künstlers Tobias Hantmann (Hochschule der Künste Berlin, Kunstakademie Düsseldorf) erst angespornt. „Unscharfe Bilder bei tränendem Auge und umgekehrt“, sagt der junge Kunstschaffende, bekannt durch seine irritierenden Werke, die auf Illusion abzielen und bei Ausstellungen in Köln, Berlin, Dresden, Paris etc. Furore gemacht haben. Moment – tränende Äuglein? Beim derzeitigen Hochdruckwetter mit Nordföhn kennen wir das zu gut. Aber wir wollen unseren Tiroler Adlerblick schärfen und ihn forschend auf die Arbeiten Hantmanns richten und die Farbflächen aktivieren. Das Spiel kann beginnen. Das Auge stößt wie ein Pistill auf das „Bild“ und reibt sich daran wie der bekannte Stößel im Mörser. Im Kopf schleift sich das „Bild“ weiter ab und beginnt vorsichtig, vage Fantasien, diffuse Gefühlsmomente oder subtile Gedankenverbindungen zuzulassen.
Dabei lässt Hantmann vieles offen; er bietet keine zeichnerische Hilfestellung, keine angedeuteten Landschaftsphänomene, keine klare Botschaft, keine Erlösung. In diesen Arbeiten von 2011 vereinen sich Titel, Text und Stofflichkeit zu einem Ganzen, gehen ineinander über und zeigen einen bestimmenden, logischen Schritt in der Entwicklung dieses Künstlers.
Das Geheimnis des „Pistills der Iris“ scheint gelöst. Und unsere Augen brennen. Hantmanns Bildträger bestehen aus grob- bis feinkörnigem, von der Rolle geschnittenen, farbigen Schleifmittelbögen. Bei Oma hießen die noch Schmirgelpapier und waren als Werkzeug aus dem Hausputz nicht wegzudenken. Heute werden Kunstwerke daraus. (bis 9. April) www-galerie-kugler.at