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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
02. Oktober 2007
19:06 MESZ
Bis 13. 1. 
Foto: BPK-RMN-Hervé Lewandowski
Vorbild für Herbert Boeckl: Paul Cézannes "La Montagne Sainte Victoire" von 1890.

Cézanne und die Österreicher
Die Wiedereröffnung des Unteren Belvedere bringt mit "Wien - Paris" eine Gegenüberstellung von van Gogh, Cézanne und Co. mit den Vertretern der österreichischen Moderne

Wien - Vorweg: Die Architekten Kühn Malvezzi haben gute Arbeit geleistet, haben - in souveräner Zurückhaltung - das Untere Belvedere zugleich an seinen Originalzustand (Johann Lukas von Hildebrandt hat das Barockpalais zwischen 1714 und 1716 als Sommerresidenz für Prinz Eugen von Savoyen realisiert) zurückgeführt und an die Erfordernisse eines gegenwärtigen Ausstellungsbetriebes angepasst. Die ehemaligen Wohn- und Repräsentationsräume wurden vor allem einmal entkernt, von sämtlichen Einbauten aus den 50er-Jahren befreit.

Hauptaugenmerk galt dabei der Wiederherstellung der ursprünglichen Haupt- und Nebenachsen. Erst dadurch kann das Palais wieder relativ authentisch erfahren werden. Dezent integrierte Glasflächen ermöglichen zumindest optisch das Erleben der Hildebrandt'schen Raumfolge. So wurde etwa der südliche Garten wieder mit dem Ambrasser Hof verknüpft, wurde die ursprüngliche Großzügigkeit annähernd wiederhergestellt. Natürlich musste in den Schausälen das Barockprinzip der "Lichtdurchflutung" zugunsten von Hängefläche aufgegeben werden, hier aber scheinen die ausgestellten Werke in perfekt inszeniertem Kunstlicht.

Gesamtkonzept

Und: Die Plein-Air-Verbindung zum White Cube, den Susanne Zottl in die Orangerie gebaut hat, tut ein Übriges dazu, das Belvedere als Gesamtkonzept zu erleben. Ab 2009 wird der Parcours dann auch Karl Schwanzers 1958 erbauten ehemaligen Weltausstellungspavillon, das "20er-Haus", im Schweizergarten erreichen. Dort werden dann die Sammlungsbestände aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu sehen sein.

Ganz ohne Einbauten kommt auch die Eröffnungsschau im Unteren Belvedere aus: Barrierefrei lassen sich die Wechselbezüge von Wien und Paris zwischen 1880 und 1960, klar in logische sti- listische Gruppierungen zusammengefasst, nachvollziehen.

Und bisweilen ist man durchaus geneigt anzunehmen, dass die "moderne" Kunst Österreichs nicht ausschließlich auf die Vorbildfunktion der Pariser Szene zurückzuführen ist, sondern es fallweise auch Impulse in die andere Richtung gegeben hat. Jedenfalls war bis in die 1960er-Jahre hinein Paris unumstritten das Zentrum der Kunstwelt. Erst dann übernahm New York die tragende Rolle - und Paris begab sich in einen langen Dämmerschlaf. Cézanne, Van Gogh, Gauguin und die Nabis boten zusammen mit dem belgischen Symbolismus und den deutschen Expressionisten die wesentlichen "Quellmaterialien".

Rückbindung

Ihnen gegenübergestellt werden die österreichischen Heroen wie Gustav Klimt, Oskar Kokoschka und Herbert Boeckl. Aber auch eine Reihe am Markt noch wenig beachteter Künstler, die nach Frankreich zogen, um die Pioniere der Plein-Air-Malerei wie Camille Corot zu treffen, in Barbizon nach Neuem Ausschau zu halten oder, wie Theodor von Hörmann, um im Wald von Fontainebleau zu malen.

Wesentlich an diesen Arbeitsaufenthalten war die Rückbindung an die "Wiener- Szene": So konnte etwa der Mitbegründer der Wiener Secession, Josef Engelhart, Henri Toulouse-Lautrec für eine Ausstellungsbeteiligung in Wien gewinnen. Und so auch hatten die pointillistischen Werke von Paul Signac, Georges Seurat oder Theo van Rysselberge, die ab 1901 in Wien ausgestellt wurden, unmittelbaren Einfluss auf Gustav Klimt oder Broncia Koller. Und Richard Gerstl verstand es wiederum, die "Farbtupfer" in seine Idee von Expressionismus einfließen zu lassen. Nicht zuletzt die Abstraktion und österreichische Varianten des Informel gründen direkt in Paris-Erfahrungen von Hans Bischofshausen, Hans Staudacher, Markus Prachensky, Arnulf Rainer. (Markus Mittringer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 10. 2007)


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