"Dass die Kulturhauptstadt wichtiger als Basketball wird"

VON JULIA EVERS, VILNIUS

Wenn 2009 das Kulturhauptstadtjahr Linz erfasst, soll das auch in Vilnius geschehen. Die OÖN haben sich in der litauischen Hauptstadt umgesehen.

Eine Stadt im Aufbruch: Vilnius putzt sich heraus, im barocken Inneren des Speckgürtels aus Plattenbauten wird an allen Ecken und Enden renoviert und gebaut - 2009 will man sich der Welt präsentieren. "Ich hoffe, dass Litauen überall bekannt wird, dass die Kulturhauptstadt wichtiger wird als Basketball", formuliert der 29-jährige Schauspieler Marius Jampolskis, der in Elfriede Jelineks "Bambiland" auf der Bühne steht, seine Erwartungen.

Die Legende der Stadtgründung spricht dafür: Demnach sagte dem Großherzog Gedeminas ein Hohepriester, er solle eine Stadt bauen, deren Ruf um die Welt gehen würde.

Damit das 2009 auch wirklich passiert, arbeitet Intendantin Elona Bajoriniene mit ihrem 30-köpfigen Team an der Vorbereitung der Kulturhauptstadt. Einer der größten Stolpersteine: In Vilnius ist man an langfristige Budgetplanungen nicht gewöhnt. Immerhin haben die verantwortlichen Politiker im Frühsommer vereinbart, rund 22 Millionen Euro für die Kunst- und Kulturprojekte zur Verfügung zu stellen -das Geld kommt aber erst Ende des Jahres, bis dahin können mit Künstlern lediglich Absichtserklärungen unterzeichnet werden. Linz hat dazu im Vergleich ein Budget von 60 Millionen. Für Infrastruktur-Projekte sind in Vilnius weitere 133 Millionen Euro veranschlagt - immerhin feiert Litauen 2009 auch sein 1000-Jahr-Jubiläum.

Was das Kulturhauptstadt-Jahr bringen soll, ist für den Vizebürgermeister Algirdas Paleckis klar: "Tourismuszahlen um 15 Prozent steigern, die Kulturindustrie befruchten und internationale Kontakte schaffen."

In Richtung Linz zeigt sich keine Konkurrenz, aber auch wenig Kooperation. Erst einzelne Verknüpfungen, wie mit dem Landesmuseum und dem Filmfestival "Crossing Europe", verbinden die beiden Städte.

Ein Kulturhauptstadt-Jahr vorzubereiten ist kein leichtes Unterfangen, wenn die Finanzierung noch im Raum schwebt. Doch das Team rund um die neue Intendantin, die das Amt erst im Jänner von ihrer Vorgängerin übernommen hat, macht aus der Not eine Tugend, will "Nix ist fix" vom Problem in eine Stärke verwandeln. Unter dem Motto "Culture Live" soll ein Kulturhauptstadt-Jahr kreiert werden, in dem alles in Bewegung und offen für Neues ist: 90 Prozent Premieren, ein partizipativer Kulturansatz, bei dem jeder mitmachen soll, und das Aufbrechen der Grenzen zwischen Hoch- und Populärkultur.

Erste Vorläufer dieser Idee erreichen Vilnius als Appetithäppchen bereits 2007: wie die Ausstellung "Kunst an ungewöhnlichen Plätzen", bei der Kunstobjekte die Besucher mitten in der Innenstadt überraschen, ein Straßen-Musik-Tag, eine "Kultur-Nacht", die 120.000 Menschen anlockte, und das Licht-Festival LUX, das erstmals im November die Stadt erhellt. Wiederholungen sind 2008 und natürlich 2009 geplant. Aber auch 2010.

"Wir wollen neue Tradition für die Stadt schaffen und sie beibehalten, um nach dem Kulturjahr keinen Kater zu bekommen", sagt Paleckis. Das Hauptanliegen, Litauen bekannter zu machen, soll das "Botschafter-Programm" unterstützen. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 sind rund eine halbe Million Litauer ins Ausland abgewandert. 3,4 Millionen blieben - jetzt sollen sie für Vilnius arbeiten. Zum Beispiel mit dem Projekt "Haiku": Freiwillige dichten Haikus über Vilnius, die besten wurden bereits auf Häferl gedruckt.

In Vilnius glaubt man an Kultur als Zugpferd: Jetzt werden die Möglichkeiten eines Guggenheim-Museums analysiert.

= Litauen ist für viele Europäer noch immer eine Zwielicht-Zone. }

ELENA BAJORINIENE

Intendantin

= Kulturhauptstadt kann ein unbekanntes Land sehr bekannt machen. }

ALGIRDAS PALECKIS

Vizebürgermeister

= Ich glaube, 2009 wird etwas Großes - es passiert ja bereits. }

RUTA, 18

Schülerin, Vilnius

Kunst für alle Auf Kunstsuche in Vilnius 09-Team aus Litauen Vilnius putzt sich heraus... Musen vor dem Theater

Fotos: jule / OÖN (6), jule (3)

Busse verraten es: 09 ist Kulturhauptstadtjahr. Auch das ist Kunst. Jelineks "Bambiland" derzeit in Vilnius Eine Stadt in Bewegung, und alle sollen mitmachen

Foto: jule

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