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15.07.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunstraum

GALERIE NÄCHST ST. STEPHAN: FLOTT

Die deutsche Malerin Katharina Grosse (geboren 1961) war in den letzten Jahren mit Overall, Gesichtsmaske und einer Spritzpistole als bevorzugtem Arbeitsmittel tätig. Auf Leitern oder Hebebühnen realisierte sie raumgreifende, graffitiartige Wandmalereien, u. a. für den Flughafen in Toronto. Auch die Galerie nächst St. Stephan hat sie schon einmal mit ihren leuchtenden Sprühfarben überzogen. In der Ausstellung "Everything inside me is sprayed white" ist aber nur ein einziges mit dieser Technik gefertigtes Bild zu sehen (28.300 €). Stattdessen erwarten den Betrachter konventionellere, trotzdem spannende Gemälde von breiten Pinseln. Grosse arbeitet vor allem mit Rastern und Streifen, legt lasierende Farbfilme übereinander, schafft dichte, zuweilen textil anmutende Gewebe. Fast mutwillig konterkariert sie bei mehreren Bildern in einem letzten Schritt ihre bunten Geflechte und drängt deren dekorative Pracht hinter farblich neutralen Schichten zurück (14.100 €). Die Lust am Experiment und die Dynamik dieser Arbeit sowie die beiläufige Meisterung großer Formate können nur beeindrucken. (bis 30. 7., Grünangerg. 1/2, Wien 1)

GALERIE KROBATH WIMMER: PLATT

Es ist schon eigenartig, wenn ein Künstler eine sehr zeitgenössische Handschrift entwickelt und dann damit doch wieder nichts tut, als traditionelle Bildgattungen durchzudeklinieren. Aber nachdem Julian Opie schon mit Porträts und Landschaften sehr erfolgreich war, wird er mit der Erweiterung seines Motivrepertoires um das Genre Akt erst recht kräftige Markterfolge einfahren. Für die Gestaltung seiner typischen Bilder, die an Piktogramme oder Comics denken lassen, füttert der englische Künstler den Computer mit Fotovorlagen. Vom Ausgangsmaterial bleiben bei Opies Arbeiten nur mehr Umrisslinien, Farbflächen und grafische Akzente. Zuletzt handelte es sich um Aktfotos einer Bekannten, die nun in der Schau "This is Kiera" der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Auf den Bildern aus Vinyl (26.600 €) trägt Kiera zwar spitzenbesetzte Strümpfe und Negligés, aber über dem halslosen Körper schwebt nur ein gesichtsloser Kreis als Kopf. Ob diese Reduktion der Frau auf ihren Körper nun sexistisch oder ironisch ist, sei dahingestellt. Eher melden sich wieder einmal starke Zweifel am Kunstbetrieb an, wie jemand mit einer einzigen, derart banalen Idee so reüssieren konnte. (bis 31. 7., Eschenbachgasse 9, Wien 1)

GALERIE GEORG KARGL: PEINLICH

Kennen Sie die Werbungen von Calvin Klein? Lesen Sie Lifestyle-Gazetten wie Vogue, Face oder ID? Dann werden Ihnen die Figuren in der Kunst des Wiener Künstlerpaares Markus Muntean und Adi Rosenblum wie alte Bekannte vorkommen. In ihrer spekulativen, hundert Prozent humorfreien Schau "How Soon Is Now" zeigen die ehemaligen Szenepromoter, die früher den alternativen Kunstraum Bricks & Kicks betrieben haben, ein weiteres Kapitel ihres post-subkulturellen Schaffens. Abermals zeichnet, malt und filmt das Duo uninteressante hübsche Jugendliche und unterlegt diese nach Vorlage entstandenen Bilder mit pseudophilosophischen Sätzen. Zu den üblichen Grafitzeichnungen (2750 €) gesellen sich jetzt grafische Collagen im Stil des russischen Konstruktivismus (770 €). Das größte Gemälde der Schau (55.000 €) macht deutlich, worauf Muntean/Rosenblum eigentlich hinauswollen: Weder Konsumkritik noch das Porträt einer 20 Jahre jüngeren Generation treibt die 1962 geborenen Künstler an, sondern die Kreation eines zeitgemäßen Looks bei Strapazierung malereigeschichtlicher Motive. Dafür müssen die Turnschuhträger kunsthistorische Posen einnehmen; etwa in dem unglaublich peinlichen Film "Not to be. Not to be at all", in dem Motive religiöser Kunst in einer Autowerkstätte inszeniert werden. (bis 15. 8., Schleifmühlgasse 5, Wien 4) Nicole Scheyerer

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