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21.11.2003 - Kultur&Medien / Ausstellung
Hermann Kosel: Genie zwischendurch
Mit seinen Plakatentwürfen prägte er das heimische Werbedesign der Zwischenkriegszeit maßgeblich, ab kommender Woche sind seine besten Arbeiten im MAK zu sehen. Anlässlich des 20. Todestages: Ein Blick zurück auf Hermann Kosel.

Maler hätte er werden können, und was wird er? Werbegrafiker! Dass sich Hermann Kosel nach seinem Studium an der Akademie der Bildenden Küns­te in Wien der Welt des Konsums widmete und Anfang der 20er-Jahre der „Wiener Gruppe“ von Grafikern um den Doyen der österreichischen Plakatkunst, Julius Klinger, anschloss, dürfte manchen in seiner Bekanntschaft sehr verwundert haben – galt die Malerei doch als die geistvollere Disziplin. Kosel ließ sich jedoch nicht beirren und wurde Assistent von Klinger in dessen „Schule und Atelier für Gebrauchsgraphik“.

„Schon bald hat Kosel seinen eigenen Stil entwickelt“, erzählt Peter Klinger, der gemeinsam mit Kathrin Pokorny-Nagel die Schau im MAK kuratiert. „Kennzeichnend für ihn ist der flächige Stil, das Verwenden weniger, manchmal sogar nur zweier Farben, das Nicht-Gestalten des Hintergrundes.“ Dadurch würden die Bilder fast so wirken wie Piktogramme und unserer modernen Vorstellung von Werbegrafik sehr nahe kommen. „Kosel war kein Theoretiker, sondern ging die Sache sehr pragmatisch an. Wichtig war, dass die Plakate nicht nur – wie früher – ,schön’ sein sollten, sondern darüber hinaus eine Info, einen Code transportieren sollten, mit dem man das Werbeziel erreicht.“ Ein beachtlicher Schritt in Richtung moderne Werbekommunikation.

Bereits ab 1921 hatte Kosel gemeinsam mit seinem Freund Rolf Frey ein eigenes Atelier („Kosel-Frey“), in der Folge konnte er immer mehr lukrative Aufträge an Land ziehen. So entwarf er für Humanic, den Zigarettenpapierhersteller Altesse oder den zu dieser Zeit bedeutenden Rikola-Verlag bahnbrechende Plakate, die im MAK ebenso zu sehen sein werden wie seine Werbelinie für das berühmte Südbahnhotel am Semmering.

Die Bildsprache der Neuen Sachlichkeit adaptierte der Werbegrafiker dann in den 30er-Jahren, bis er schließlich mit seiner jüdischen Frau Nelly vor den Nazis fliehen musste und die Kriegsjahre in Südfrankreich überlebte (wo er in Anhaltelagern interniert wurde). „Auch nach 1945 hat Kosel die Werbegrafik in Österreich mitgestaltet“, betont Peter Klinger. So erhielt er den Staatspreis für angewandte Kunst für ein 1952 entstandenes Plakat für die Kriegsopferlotterie.

„Kosel verstand es stets, seinen Stil zu adaptieren und hat den Stil der Neuen Sachlichkeit in den 50er-Jahren versüßlicht.“ Was ihm zwar weiterhin Aufträge einbrachte, aber in der Rückschau nicht immer positiv beurteilt wird. „An ihm ließe sich 50 Jahre Plakatgeschichte darstellen“, so Peter Klinger. Auf Grund der räumlichen Beschränkung im MAK-Kunstblättersaal habe man sich auf die „genialen“ Entwürfe der 20er- und 30er-Jahre konzentriert und die Arbeiten nach 1945 weitgehend außer Acht gelassen.

Bis in die 70er-Jahre arbeitete der Grafiker unermüdlich, 1971 widmete ihm das MAK eine große Schau, für die der Künstler vor allem Plakate aus seiner späteren Schaffenszeit auswählte. Dass im MAK nun Kosels 20er- und 30er-Jahre-Entwürfe zu sehen sind, ist zugleich Reverenz an den Künstler und kritische Standortbestimmung seines Werkes.

TIPP: Hermann Kosel „The holy every day“: 26. 11.–29. 2. 04 (Eröffnung MAK-Nite 25. 11., 20 Uhr), MAK-Kunstblättersaal, Stubenring 5, 1010 Wien. http://www.mak.at/

 

 

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