Komm, spiel mit

Von Joseph Schimmer.


Das Bild ist mittlerweile vertraut. Kaum wird irgendwo ein Gebäude eingerüstet, prangt an der Fassade schon ein Plakat, so groß wie ein Haus. Legendär etwa die Diskussionen, um die H&M-Kampagne Anfang des Jahres, die Claudia "Barbie" Schiffer als Pin-Up in King-Kong-Größe präsentierte. Mit Großbildtechniken wie Calsi hat die ökonomische Durchdringung des öffentlichen Raums (auch in der Luft) neue Dimensionen erschlossen.


Barockes Schattentheater

Wo Gefahr droht, wächst das Rettende auch. Der kanadische Medienkünstler Rafael Lozano-Hemmer hat im Rahmen des Kulturhauptstadtjahrs in Rotterdam mit seiner Installation Body Movies ein erstaunliches Gegenmodell entworfen.

Als Antwort auf die Werberiesen projiziert Lozano-Hemmer ebenso große Porträts von Rotterdamer Passanten auf eine Multiplexfassade. Zu sehen sind die Fotos aber nur, wenn reale Passanten vor Ort ihren Schatten auf die Leinwand werfen. Sobald sämtliche Projektionen gänzlich von Schatten überdeckt sind, werden andere Fotos automatisch neu projiziert. Das Spiel beginnt wieder von vorne.

Die Arbeit nimmt Bezug auf Schattentheaterentwürfe von Samuel van Hoogstraten, die im Jahr 1675 in Rotterdam veröffentlicht wurde.

Überzeugendes Ergebnis

Im Rahmen des Ars-Electronica-Symposions zählte Lozano-Hemmers Präsentation zu einer der meist beachteten. Der Prix-Ars-Gewinner des Jahres 2000 hatte sich kurzerhand entschlossen seinen geplante Vortrag zum Generalthema "Wer macht die Kunst von morgen?" sein zu lassen. Stattdessen kommentierte er einfach ein Video, das die ersten Projektionen seines Rotterdam-Projekts zeigte.

Spontanes Straßentheater

Die Installation zeichnet sich durch erstaunliches Eigenleben aus. Menschen, die einander zuvor noch nie gesehen haben, treten plötzlich in spielerische Interaktion. "Riesen", die näher zu einem extrem lichtstarken Xenon-Scheinwerfer stehen spielen mit "Zwergen" die näher zur Leinwand stehen. Spontane pantomimische Choreografien entstehen und machen den Platz zu einem öffentlich Ort, der bewusst aufgesucht wird, um in Kontakt mit Anderen zu treten.

Rafael Lozano-Hemmer will mit seiner Arbeit nicht die Barrikaden der Konsumgesellschaft stürmen, bekannte er in Linz. Als Interaktionskünstler könne er nur Zeichen setzen und Reflexion anregen. In Rotterdam ist ihm das gelungen.

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