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Kunstberichte

Von Vögeln und Fischen

Kunsthalle Krems zeigt Maurits Cornelis Escher und Adolf Luther
Illustration
- Verwirrt: Eschers „High and low“.  Foto: Cordon Art, Baarn, Holland

Verwirrt: Eschers „High and low“. Foto: Cordon Art, Baarn, Holland

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Neben den etwas glatten Salonschönheiten in Großformat bietet die Kunsthalle Krems mit Maurits Cornelis Escher (1898 - 1972) und Adolf Luther (1912 - 1990) ein gutes Kontrastprogramm. Luther setzt die Ausstellungsschiene über Op-Art und Lichtkinetismus nach Victor Vasarely fort. Er agierte jedoch auch als Aktionskünstler mit gefährlichen Glasbruchstücken, wobei Flaschen und Fenster in seinen Reliktcollagen und Installationen Verwendung fanden. Später konstruierte er kunstvolle, hochästhetische Spiegelobjekte und ganze Lichtschleusen, die neue Erfahrungen spürbar machen. Nicht allein optisch also das Konzept des ehemaligen Juristen, der im Zweiten Weltkrieg durch Zeichnung und Aquarell seinen Einstieg in die Kunst fand.

Der Titel "Illusion und Wirklichkeit" beschreibt Eschers grafische Liebe zur mehrdeutigen Erscheinung, die zwar zeitgleich mit den Surrealisten auftrat, jedoch mehr mit dem klassischen Manierismus des 16. Jahrhunderts zu tun hat. Dem Starkünstler der Niederlande war bisher in Österreich keine Personale gewidmet, was verwundert. In Zeiten der Konzept- und Installationskunst war seine perfektionistische Natursicht aber natürlich weniger gefragt. Nun, im längst populären neuen Realismus der Marke Leipziger Schule hat sich das geändert. Selbst stellt sich Escher in der spiegelnden Kugel dar, verzerrt an seinem Arbeitstisch sitzend, wie einst Parmigianino im Hohlspiegel.

Mathematisches Faible

Die ersten Landschaften Eschers aus Italien waren dunkle, expressive Holzschnitte, später löst er aus Musterbildern – meist Tierornamenten – einzelne Formen plastisch heraus. Da können sich Vögel zu Fischen oder Echsen wandeln, da ist ein Teil flach, der andere fliegt in einen Illusionsraum. Für diese Puzzles und Umspringperspektiven ist er zu Recht berühmt. Extreme Draufsicht erinnert an die Bilder der Familie Brueghel, Vogelperspektiven und Wandel von Tag zur Nacht sind ebenso häufig zu finden wie "Häuser der Laune", in denen Treppen gleichzeitig auf- und abwärts führen. Alte Tricks klappender Perspektive oder spiralförmige Anordnung aus Antike und Renaissance werden von Escher mit neuer Geometrie und Astronomie verwoben. Die Vorliebe von Mathematikern für seine Kunst kommt nicht von ungefähr. Er hatte eigentlich Architektur studiert, bevor er als Illustrator auch die Lithografie entdeckte, ab 1938 entfernten sich seine Ideen zusehends von der Realität. Seine Weigerung, mit der Besatzung der Nationalsozialisten zu kolaborieren, führte 1945 zu einer großen Schau in Amsterdam. Der expandierende Ruhm des später zum Ritter ernannten Escher war danach nicht mehr aufzuhalten.

M.C. Escher - A. Luther

Kunsthalle Krems

Bis 18. Juni

Rätselhafte Optiken.

Donnerstag, 13. April 2006


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