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Kunstberichte
Die VIP Art Fair versucht, den globalen Kunstmarkt im virtuellen Raum zu etablieren

Kunst für Couch-Potatoes

"Carnival" 
von der Argentinierin Flavia Da Rin, geboten von Ruth Benzecar Galería 
de Arte. Foto: Benzacar

"Carnival" von der Argentinierin Flavia Da Rin, geboten von Ruth Benzecar Galería de Arte. Foto: Benzacar

Von Christof Habres

Aufzählung Eine Kunstmesse im Internet als neue Vertriebsschiene.
Aufzählung Nervenkitzel und Ambiente fehlen.

Liegt es an der chronischen, globalen Wirtschaftskrise oder sind viele renommierte Galeristen des Herumreisens müde? Diese Frage stellt sich unweigerlich, wenn man die erste virtuelle Kunstmesse "VIP Art Fair" besucht. Die Krise und das damit verbundene Schwächeln einzelner Messestandorte schreckt immer mehr Galerien ab, sich zu bewerben und teilzunehmen.

Dann lieber zu Hause bleiben, da Messeteilnahmen eines ungeheuren organisatorischen und personellen Aufwands bedürfen. Die fehlende Motivation, sich wieder und wieder diesem künstlerischen Wanderzirkus anzuschließen, könnte auch ein Aspekt sein, der Galerien dazu verleitet, bei der "VIP Art Fair" im Internet teilzunehmen. Denn die Liste der Teilnehmer kann sich tatsächlich sehen lassen: Gagosian und Zwirner aus New York, White Cube aus London, Hetzler aus Berlin, Hauser & Wirth aus Zürich, Roesler aus Sao Paulo oder österreichische Galerien wie Krinzinger, Schwarzwälder und Ropac. Also alles Namen, die Sammler auch auf den wichtigsten – realen – Messen finden werden.

Kosten als Hauptargument

Noah Horowitz, der Direktor der Messe, ist überzeugt, dass dieses Konzept aufgehen wird. Wobei sein Hauptargument, wie er in einem Interview mit dem Kunstmagazin "ART" betont, schon die Kosten für die einzelnen Galerien sind. Sie würden lediglich 20 Prozent jener Summe ausmachen, die Galerien sonst für Messen zu zahlen hätten. Und die Teilnehmer hätten auch keine Aufwendungen für Transport, Zoll und Hotel. Dafür müssen die Galeristen und ihre Mitarbeiter den ganzen Tag vor ihren Bildschirmen sitzen und aufpassen, ob sich ein Interessent, ein Sammler bei ihnen meldet – mittels E-Mail, Chat oder Skype. Das kann auch anonym passieren und macht es für den Galeristen schwer einschätzbar, wie seriös der potenzielle Käufer ist – im Gegensatz zur realen Kunstmesse, wo über persönlichen Kontakt, Auftreten und Körpersprache das Interesse einschätzbar ist. Außerdem erscheint die Abwicklung dieser virtuellen Messe angesichts des Umstands kompliziert, dass sie alle Zeitzonen umspannt. Und geregelte Öffnungszeiten sind im Netz nicht vorgesehen. Richten Galerien für die Dauer der Messe einen 24-Stunden-Dienst ein, um ja keinen Sammler aus einem anderen Erdteil zu verpassen?

Die Diskussionen, ob das Internet eine geeignete Plattform für den Kunstmarkt ist, führten bis dato zu keinem eindeutigen Ergebnis. Selbstverständlich sind für Galerien eigene Websites als Präsentation enorm wichtig, Online-Kataloge mit der Möglichkeit mitzubieten für Auktionshäuser ein Must und Service-Seiten (wie artnet.com oder artfacts.net) eine wichtige Grundlage für Recherchen über Künstler und Preisentwicklungen. Auch wenn die Website der "VIP Art Fair" auf dem neusten Entwicklungsstand ist und Kunstwerke in maßstabsgetreuen Proportionen zu Wänden, Menschen präsentiert werden können, sind es doch zwei bedeutende Elemente, die fehlen: Einerseits geht der Nervenkitzel verloren, der entsteht, wenn mehrere Sammler ein Werk erwerben wollen, sei es bei Auktionen oder vor Ort bei Messen. Für diesen Kitzel ist die Dauer der Internetmesse zu lang, es verflüchtigt sich die Aufmerksamkeit wegen der unterschiedlichen "Besuchszeiten" zu sehr. Andererseits bieten reale Kunstmessen ein Ambiente, das für wesentlich mehr steht als den reinen Markt – wie Künstler-Vermittlung, persönliche Kontakte und Erfahrungsaustausch. Und das funktioniert in einer realen VIP-Lounge mit Sicherheit besser als auf einem Bildschirm.

Website VipArtFair
noch bis 30. Jänner *

 

Printausgabe vom Freitag, 28. Jänner 2011
Online seit: Donnerstag, 27. Jänner 2011 18:24:00

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