Spiel des Lichts, Poesie in Weiß
WOLFGANG ÖLZ BREGENZ (SN). Die renommierte New Yorker Künstlerin Roni Horn, mehrfache documenta- und Biennale-Teilnehmerin, hat unter dem Titel „Well and Truly“ das Kunsthaus Bregenz in eine Lichtinstallation verwandelt.
Im Erdgeschoß heißen riesenformatige Zeichnungen den Besucher willkommen, im ersten Stock hat die amerikanische Künstlerin scheinbar lapidar Aluminiumstelen mit Aufschriften der US-amerikanischen Lyrikerin Emily Dickinson versehen, im zweiten Stockwerk finden sich 15 Paare fotografischer Selbstporträts, die die Künstlerin über ihre Lebenszeit (sie ist 1955 geboren) hinweg in unterschiedlichen Posen zeigt, im obersten Stockwerk finden sich gläserne Wasserbehälter, die nach einem ausgeklügelten System im Raum angeordnet sind.
Die Zeichnungen, die paarweise angeordnet sind, zeigen die Arbeitsweise der Künstlerin besonders deutlich: Sie zerschnipselt die ursprünglichen Formate und fügt sie zu neuen Formen zusammen, wie in einer Collage. Ein weiterer Zugang ist die Sprache, wofür die zu einzeiligen Aphorismen gekürzten Aussagen der Dichterin Emily Dickinson beispielhaft stehen. Diese formelhaften Wendungen scheinen in ihrer Kürze etwas von der großen Welt draußen zu enthalten. Emily Dickinson hatte sich die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens im 19. Jahrhundert fast nur noch in ihren eigenen vier Wänden aufgehalten und so in Stille und Einsamkeit ein Werk geschaffen, das in seiner Klarheit schon die Poesie des 20. Jahrhunderts vorwegnahm. Auf Stäbe notiert, werden diese weißen Schriftzüge Teil der Skulptur.
Auch die Doppelporträts laden zum Vergleichen ein, zu einem dialektischen Spiel von Ähnlichkeit und Unähnlichkeit. Die Gegenüberstellung der verschiedenen Lebensalter, der wissende Blick, das Lächeln einer Sphinx, der Blick in die Kamera, der Blick zur Seite: All das verweist auf die Präsenz des Vergangenen in der Gegenwart.
Die Glasarbeit „Well and Truly“ aus dem Jahr 2009, mit der die Ausstellung endet, zeigt zehn große runde Glasskulpturen, die bis zum Rand mit Wasser gefüllt scheinen: ein faszinierendes Spiel des Lichts, Poesie der Helligkeit.Ausstellung bis 4. Juli.www.kunsthaus-bregenz.at