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11.11.2005 - Kultur&Medien / Kommentare
Kunstlicht: Gehörnt und gebrüstet
ALMUTH SPIEGLER

D
ie leidige Tradition, dass sich die Mächtigen eines Landes in schwerem Öl für die Nachwelt konservieren lassen, scheint auch im 21. Jahrhundert nicht abzureißen. So ein repräsentables Tafelbild seiner selbst, mit gütiger Miene und in vollem Ornat - das bleibt für die Ewigkeit. Völlig egal, wohin sich die Kunst seit der Renaissance hin entwickelt hat.

In Österreich brach Heinz Fischer wenigstens mit einem Strang der Tradition: Für sein Porträt als Nationalratspräsident wählte er mit Xenia Hausner erstmals eine Künstlerin. Fischers Wahl (beziehungsweise die seines Beraters Andreas Stadler) für seinen Vorgänger als Bundespräsidenten, Thomas Klestil, fiel dagegen weniger glücklich aus.

Während seiner Amtszeit wollte sich Klestil nicht vor eine Staffelei begeben. Also musste vergangene Woche in der Hofburg eben ein posthum angefertigtes Porträt enthüllt werden. Der nach 20-jährigem USA-Aufenthalt heute in Pöllau, Steiermark, werkende Josef Schützenhöfer stellte Klestil durchaus konventionell dar - frontal, in Nadelstreif, mit Krawatte und Ehrenzeichen im Knopfloch. Gut, er schaut ein wenig säuerlich, "mit großer Sorge" eben. Das ist als Zeitdokument aber überliefert, dafür wurde Klestil auch geliebt, vor allem von den Sozialdemokraten, zu denen der in Wien weitgehend unbekannte Schützenhöfer, genannt auch "der Sozialdemokrat unter den Malern", wohl zu rechnen ist.

Das wäre jetzt an sich noch kein Anlass zu Kritik. Sehr wohl allerdings die nachträgliche Interpretation des Porträts, die Schützenhöfer im Steiermark-Teil des Falters gab: Das Motiv der Ananas, im hintergründigen Tapetenmuster links und rechts von Klestils Kopf aufscheinend, würde, so zitiert der Falter Schützenhöfer, in der "amerikanischen Subkultur allerdings auch sexuell konnotiert, mit Brüsten in Verbindung gebracht". Und das Muster über Klestils Kopf "ergebe ein Hirschgeweih".

Was hier wie ein übler Schelmenstreich klingt, ist bei jemandem, der sich nun einmal nicht mehr wehren kann, einfach nur geschmacklos. Vielleicht aber sollte man Politikerporträts in Zukunft immer vom Nachfolger oder, noch besser, von der gegnerischen Partei in Auftrag geben lassen. Das würde die diversen Ehrengalerien der Rathäuser, Parlamente und Präsidentschaftskanzleien mit Sicherheit aufpeppen.

almuth.spiegler@diepresse.com

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