Geschichte einer Sammlung

Die Sammlung Prinzhorn wurde von der Wissenschaft abgelehnt, von der Politik instrumentalisiert und von der Kunst akklamiert.


Um 1909 beginnt die Psychiatrische Klinik Heidelberg eine Lehrsammlung zu führen. Zwischen 1919 und 1922 entsteht aus den vorhandenen Objekten die gleichnamige Sammlung durch den Assistenzarzt und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn.

Josef Forster
Josef Forster

Im Jahr 1919 genehmigt das Ministerium für Unterricht ein Museum für pathologische Kunst. Geldspenden reichen zunächst für einen Raum. 1921 findet die erste Ausstellung in der Frankfurter Galerie Zinglers Kabinett statt. Sie übersiedelt anschließend in die Galerie Garvens in Hannover. In diesem Jahr verlässt auch Hans Prinzhorn Heidelberg.

Richtungsweisend

1922 erscheint Hans Prinzhorns Buch "Bildnerei der Geisteskranken. Ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung". Mit dem Werk wird dieses Gebiet erstmals einer größeren Öffentlichkeit - mit reichhaltigem Bildmaterial - zugänglich gemacht.

"Ein Himmelfahrts-Traum"

Prinzhorn Kollegen reagieren reserviert. Moderne Künstler hingegen zeigen sich begeistert. Anlässlich des Naturforscher-Kongresses in Leipzig werden die Werke gezeigt. Zwischen 1929 und 1933 finden Ausstellungen in Paris, Genf, Basel sowie in neun deutschen Städten - überwiegend in Kunstvereinen - statt.

Diffamierung...

Klinikdirektor Carl Schneider übergibt 1938 der Wanderausstellung "Entartete Kunst" Zeichnungen der Sammlung. Sie werden ab der Berliner Station gezeigt. Er instrumentalisiert die Sammlung und ihre Schöpfer als pathologisches Beweismaterial gegen die Kunst der 'Moderne'. Den Bestand der Sammlung greift Schneider allerdings nicht weiter an.

...und Wiederentdeckung

Im Jahr 1955 wird die bisher sorgfältig verwahrte Sammlung bei Umbauten der Klinik auf den Dachboden verbannt. 1963 entdeckt Harald Szeemann die Werke und zeigt erstmals wieder eine Auswahl in der Kunsthalle Bern.

Ab Ende der 70er Jahre finanziert die Volkswagen-Stiftung die Konservierung und wissenschaftliche Erfassung des gefährdeten Materials der Sammlung. In Wien waren 1997 Werke aus der Sammlung im Rahmen der Ausstellung "Kunst & Wahn" im Kunstforum zu sehen.

Link: Die Sammlung Prinzhorn

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