Wien muß sich noch gedulden. Pittsburgh, Louisville und
Fresno in Kalifornien heißen von 5. Jänner bis 3. August die
Stationen, wo unterm Titel "Von der Renaissance zum Rokoko" Glanzlichter
der Graphischen Sammlung Albertina gezeigt werden. "Bis zur Eröffnung am
17. März 2003 ist das Palais neun Jahre geschlossen. In dieser Phase ist
es uns daran gelegen, repräsentative Ausstellungen im Ausland zu zeigen",
erklärt Klaus Albrecht Schröder.
Konservatorische Bedenken hat er nicht: "Die Blätter sind
fast acht Monate ausgestellt. Das mag überraschen, aber ich halte es wie
das British Museum. Wir zeigen Blätter einen längeren Zeitraum, lassen sie
dann aber länger ruhen. Ich habe, seit ich Direktor bin, auch daran
gearbeitet, daß wir noch bessere Präsentationsbedingungen finden." Viele
Hauptwerke haben historische Rahmen bekommen, alte oder nachgebaut.
Geschützt wird das Papier durch ein Spezialglas, das "absolut spiegelfrei
ist".
US-Geld für Renovierung
Eine solche Tournee hat natürlich auch einen ökonomischen
Hintergrund: "Wir trennen uns nicht sorglos von Hauptwerken, sondern wir
erhalten dafür einen finanziellen Tribut. Sämtliche Kosten werden
getragen, darüber hinaus wird ein mehrstelliger Millionenbetrag gezahlt,
den wir brauchen, um die Albertina zu renovieren - und unser
Rahmungskonzept durchzuführen. Es ist mein Ziel, bei der
Dürer-Retrospektive im Herbst 2003 alle Blätter durchgehend in
historischen Rahmen und hinter Spezialglas zu zeigen. Dafür investieren
wir etwa sechs Millionen Schilling."
Wie sieht es mit der Rechtssicherheit in den USA aus?
"Die US-Tournee ist reine Altmeister-Schau und daher von der
Provenienzfrage zweifelsfrei unbelastet. Unabhängig davon geben wir keine
Leihgabe mehr in die USA, ohne eine ,Federal Indemnity', also jene
Befreiung gegen Rechtseingriffe, die nur auf Anweisung des Präsidenten
gegeben wird."
Nach den USA reist die Schau bis Dezember 2003 nach
Australien. Drei Monate später gilt es, das Albertina-Palais mit einer
Munch-Schau zu eröffnen.
Schröder ist auch dafür schon aktiv: "Erst vor wenigen
Wochen war ich in Oslo und habe sichergestellt, daß die norwegische
Königin Sonja zur Eröffnung kommt. Es ist die größte Munch-Ausstellung,
die es je gegeben hat". Warum wird ein für seine Altmeister-Zeichnungen
berühmtes Haus mit Munch wiedereröffnet? Schröder: "Wir haben neunzig
Munchs. Natürlich sind wir für Dürer bekannt, aber um klarzustellen, daß
wir in der klassischen Moderne wichtige Bestände haben, habe ich Munch
gewählt. Nach dem Sommer ist die zweite große Schau Dürer gewidmet."
Der österreichische Kunsthistorikerverband zeigte sich
jüngst vom Entwurf zur neuen Museumsordnung der Albertina besorgt. Doch
diese Bedenken zerstreut Schröder: "Insgesamt vierzig oder fünfzig
Institutionen lag der Entwurf zur Beurteilung vor, und alle haben positiv
reagiert - nur dieser private Verein negativ. Für das Ministerium ist der
Entwurf gar richtungsweisend und mit Vorbildwirkung."
Auch wehrt sich Schröder gegen Vorwürfe, die Forschung in
der Albertina käme zu kurz. So würde derzeit vieles zum ersten Mal wieder
bearbeitet: Seit 1971 zum ersten Mal Dürer, seit Benesch wieder Rembrandt,
und für 2005 soll der Rubensbestand erstmals seit 1977 wieder bearbeitet
werden. Die Digitalisierung, für die zuletzt die Mittel fehlten, kann
wieder vorangetrieben werden. Die Albertina bekam dafür Sondergeld vom
Ministerium.
Schließlich hat Bundesdenkmalamts-Präsident Wilhelm Georg
Rizzi mitgeteilt, daß es keine Bedenken mehr gegen die Baupläne gäbe. Hans
Hollein wird also die Rampe umbauen, und auch die beiden Geschosse zum
Albertinaplatz hin neu gestalten: Wellen aus Stein im Sockelbereich, über
denen eine Reihe von "Bullaugen" sitzen. Darüber thront die historische
die Fassade, die um 32 Bundes-Millionen rekonstruiert wird.
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