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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
08. Juli 2009
22:32 MESZ

Galerie Engholm Engelhorn, Schleifmühlgasse 3, 1040 Wien, bis 31. 7. 

 

Fallschirmflug Anna Jermolaewas über dem Kremlin Palace Hotel, das reichen Russen an der Südküste der Türkei noble Herberge bietet.

 


Der Kreml, die Sonne und das Meer
Neue Video- und Fotoarbeiten von Anna Jermolaewa in der Galerie Engholm Engelhorn in Wien

Anna Jermolaewa hat das Gleichgewicht wiederhergestellt: Während Elke Krystufek mit einem lauten Abgang in die Eschenbachgasse gewechselt ist, werden die Arbeiten von Anna Jermolaewa ab jetzt in der Schleifmühlgasse präsentiert.

In ihrer ersten Ausstellung in der Galerie Engholm Engelhorn sind neue Video- und Fotoarbeiten der 1970 in St. Petersburg geborenen Künstlerin zu sehen, für die sich Anna Jermolaewa auch in luftige Höhen begeben hat. Vom echten Kreml hat sie keine so imposanten Bilder gekriegt: Zu Beginn ihres neuesten Videos Kremlin Doppelgänger hängt die Künstlerin an einem Fallschirm und filmt das Kremlin Palace Hotel, das an der Küste Antalyas als noble Unterkunft dient. Anders als der Kreml in Moskau wird die täuschend ähnliche Nachbildung von Touristen in Badehosen belebt, und auch der hauseigene Pool passt nicht so recht in das klassische Bild. Dennoch ist mitunter nicht klar, wo man sich gerade befindet, denn Jermolaewa hat auch das Umfeld des Moskauer Kremls dokumentiert und die Szenen ineinandermontiert.

Vor dieser "Kulisse" taucht irgendwann ein Doppelgänger von Gorbatschow auf, der sich wider Erwarten nicht mit den Touristen in der Türkei, sondern mit denen in Moskau ablichten lässt. Seit Jahren verdiene er als Doppelgänger sein Geld, erzählt der ehemalige Ingenieur im Interview, in dem er auch ein paar Anekdoten und Gorbatschow-Witze zum Besten gibt.

Inhaltlich laufen diese darauf hinaus, dass sich in Russland gar nicht so viel verändert hat, auch wenn Geld mittlerweile ein paar wenigen einen Platz in Antalyas Sonne verspricht. Die Mehrheit der Russen benutzt aber immer noch dieselben Rolltreppen, die Anna Jermolaewa für ihre Arbeit Fünf-Jahres-Plan in der St. Petersburger U-Bahn gefilmt hat.

In der Ausstellung von Jermolaewa sind die Szenen auf drei Monitoren zu sehen, die kaum Unterschiede aufzeigen, obwohl sie in einem Abstand von jeweils fünf Jahren aufgenommen wurden. Mit ähnlich einfachen Bildern wird in der Schau aber auch eine Wiener Geschichte erzählt: Das toll installierte Zwei-Kanal-Video zeigt zwei Kehrmaschinen am Wiener Naschmarkt, wo man die Handelsware des Tages am Abend rigoros über den Haufen kehrt. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.7.2009)

 

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