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Kunstberichte
Ausstellung

Mumok: Diesseits und jenseits der Mauern

Wirkungsstark: Die Ausgesperrten im Werk der Künstlerin Agnieszka Kalinowska. Foto: Mumok/Schmid

Wirkungsstark: Die Ausgesperrten im Werk der Künstlerin Agnieszka Kalinowska. Foto: Mumok/Schmid

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Trotz beschränkten Kultur-Budgets kann sich das Museum Moderner Kunst (Mumok) eine Ausstellung mit drei aufwändigen Videoinstallationen der Polin Agnieszka Kalinowska leisten – jedoch nur mit Hilfe privater Förderer.

Die aufstrebende Medienkünstlerin behandelt zum einen das vorrangige soziale Problem einer globalisierten Welt: die Extremsituation der Flüchtlinge. Andererseits geht es ihr um die kritische Auseinandersetzung mit musealen Räumen, die sie zu abgedunkelten Kinos mit oft mehrteiligen Projektionen wandelt. In ihrer Arbeit "Draughty House" ändert sich das Licht je nach Film-Einstellung und Inhalten der Interviewten.

Starker Appell

Der Appell an den Betrachter ist stark – und ein wenig mit der Realistik eines barocken Caravaggio-Gemäldes vergleichbar, da die Not der Menschen, kombiniert mit Dunkelheit, wirklich erschüttern soll.

Zudem inszeniert Kalinowska die Barriere, hinter der die Menschen nur partiell sichtbar sind. Den Vordergrund für Kalinowskas Video bildet die textile Skulptur eines Zauns aus Schnüren. Er wurde nun vor der Mumok-Factory als vielschichtiges Gebilde eingehängt: Einerseits fungiert er als Raster der Trennung, andererseits scheint er als organisches Geflecht überwindbar. Für das Video vermittelte Ute Bocks Flüchtlingswerk Menschen, die – politisch verfolgt oder vom Hunger bedroht – ihre Geschichten erzählen.

Isolation als Barrierefaktor diesseits und jenseits eines Zauns oder einer Mauer, das ist auch in den beiden anderen Videoinstallationen erfahrbar: Die "Doormen", Türsteher aus New Yorker Nobelhotels, sitzen in einem Halbkreis scheinbar versammelt, obwohl sie einzeln interviewt und danach künstlich kombiniert wurden. Aus Unsichtbaren unserer Gesellschaft werden so fast Prominente mit unterschiedlichsten Lebensphilosophien, politischen Einstellungen – ein Meisterstück der so aktuellen Mehrdeutigkeit in der Kunst. Andy Warhols Credo von 15 Minuten Prominenz für jeden Menschen wird hier zum absurden Theater.

Zuletzt kann man eine Ratte und eine Frau in einem Schacht erblicken: Das friesartige Video "Emergency Exit" wird knapp unter die Decke projiziert; seine beiden Protagonisten kommen einander, trotz vieler Versuche von links und rechts außen, nicht näher. Ganz schön viel schwarzer Humor.

Aufzählung Ausstellung

Agnieszka Kalinowska

Edelbert Köb, Rainer Fuchs (Kuratoren) Mumok Factory Bis 14. Juni

Printausgabe vom Freitag, 17. April 2009

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