Ausstellung
Mumok: Diesseits und jenseits der Mauern
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Wirkungsstark: Die Ausgesperrten im Werk der Künstlerin Agnieszka Kalinowska. Foto: Mumok/Schmid
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
![Aufzählung Aufzählung](00084825-Dateien/wzfeld.gif)
Trotz beschränkten Kultur-Budgets kann sich das Museum Moderner Kunst
(Mumok) eine Ausstellung mit drei aufwändigen Videoinstallationen der
Polin Agnieszka Kalinowska leisten – jedoch nur mit Hilfe privater
Förderer.
Die aufstrebende Medienkünstlerin behandelt zum einen das vorrangige
soziale Problem einer globalisierten Welt: die Extremsituation der
Flüchtlinge. Andererseits geht es ihr um die kritische
Auseinandersetzung mit musealen Räumen, die sie zu abgedunkelten Kinos
mit oft mehrteiligen Projektionen wandelt. In ihrer Arbeit "Draughty
House" ändert sich das Licht je nach Film-Einstellung und Inhalten der
Interviewten.
Starker Appell
Der Appell an den Betrachter ist stark – und ein wenig mit der
Realistik eines barocken Caravaggio-Gemäldes vergleichbar, da die Not
der Menschen, kombiniert mit Dunkelheit, wirklich erschüttern soll.
Zudem inszeniert Kalinowska die Barriere, hinter der die Menschen
nur partiell sichtbar sind. Den Vordergrund für Kalinowskas Video
bildet die textile Skulptur eines Zauns aus Schnüren. Er wurde nun vor
der Mumok-Factory als vielschichtiges Gebilde eingehängt: Einerseits
fungiert er als Raster der Trennung, andererseits scheint er als
organisches Geflecht überwindbar. Für das Video vermittelte Ute Bocks
Flüchtlingswerk Menschen, die – politisch verfolgt oder vom Hunger
bedroht – ihre Geschichten erzählen.
Isolation als Barrierefaktor diesseits und jenseits eines Zauns oder
einer Mauer, das ist auch in den beiden anderen Videoinstallationen
erfahrbar: Die "Doormen", Türsteher aus New Yorker Nobelhotels, sitzen
in einem Halbkreis scheinbar versammelt, obwohl sie einzeln interviewt
und danach künstlich kombiniert wurden. Aus Unsichtbaren unserer
Gesellschaft werden so fast Prominente mit unterschiedlichsten
Lebensphilosophien, politischen Einstellungen – ein Meisterstück der so
aktuellen Mehrdeutigkeit in der Kunst. Andy Warhols Credo von 15
Minuten Prominenz für jeden Menschen wird hier zum absurden Theater.
Zuletzt kann man eine Ratte und eine Frau in einem Schacht
erblicken: Das friesartige Video "Emergency Exit" wird knapp unter die
Decke projiziert; seine beiden Protagonisten kommen einander, trotz
vieler Versuche von links und rechts außen, nicht näher. Ganz schön
viel schwarzer Humor.
Ausstellung
Agnieszka Kalinowska
Edelbert Köb, Rainer Fuchs (Kuratoren) Mumok Factory Bis 14. Juni
Printausgabe vom Freitag, 17. April 2009
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