Ausgesprochen träumerisch blickt die
Dame auf dem prachtvollen Klimt-Gemälde direkt in unsere
Augen. Seit sechs Jahren steht sie im Zentrum eines
Rechtsstreits, dem sich auch zwei spannende aktuelle
Publikationen widmen.
Die vollen roten Lippen sind
zu einem leichten Lächeln geöffnet. Die schweren Lider
enstprechen dem Schönheitsideal jener Zeit.
Nun -
Gustav Klimts Modell Adele Bloch-Bauer hätte sich damals, anno
1907, wohl nicht träumen lassen, dass es in hundert Jahren um
sie zugeht wie in einem
Kunst-Krimi.
Testament
"Mein letzter
Wille. Bei klarem Bewusstsein und unbeeinflusst verfüge ich
für den Fall meines Todes wie folgt: Zum Universalerben meines
gesamten Vermögens setze ich meinen Ehegatten Ferdinand Bloch
Bauer ein ... Meine 2 Porträts und die 4 Landschaften von
Gustav Klimt, bitte ich meinen Ehegatten nach seinem Tode der
österr. Staats-Galerie in Wien ... zu hinterlassen
..."
Das hatte Adele Bloch-Bauer am 19. Jänner 1923 in
Wien geschrieben. Ihr Testament, um dessen Auslegung seit
einer Restitutionsanfrage durch die Grünen im Jahr 1999 heftig
diskutiert wird. Im August 2000 begann dann der Rechtsstreit
um die sechs Gemälde von Gustav Klimt mit einer Klage um
Rückgabe der sechs Bilder gegen die Republik
Österreich.
Nazi-Opfer
Klägerin ist die
heute 89-jährige Maria Altmann, Erbin von Adele und Ferdinand
Bloch-Bauer. Seither wird in einem beispiellosen
Rechts-Ping-Pong eine Klärung der Eigentumsrechte an den
Gemälden versucht.
Denn Adele hatte zwar das Testament
geschrieben, Eigentümer und Auftraggeber der Bilder sei jedoch
ihr Gatte Ferdinand, jüdischer Industrieller und Gegner der
Nationalsozialisten. Er wurde in der NS-Zeit enteignet und
musste in die Schweiz flüchten. Die Bilder wurden noch zu
seinen Lebzeiten von einem "kommissarischen Verwalter" der
Nazis an das Museum übergeben bzw. verkauft. Zwei trotz aller
juridischen Spitzfindigkeiten ausgesprochen spannend zu
lesende Publikationen gibt es aktuell zu dem
Ewig-Thema.
Gutachten
Zunächst vor knapp
einem Monat das von Maria Altmann in Auftrag gegebene
Gutachten der Wiener Juristen Rudolf Welser und Christian Rabl
als Buch (Verlag Manz). Jetzt das Gutachten im Auftrag der
Republik Österreich (Verlag Österreich) von Heinz Krejci (Uni
Wien, Unternehmens- und Wirtschaftsrecht), das 180 Seiten und
fünf Ordner Dokumente umfasst.
Spannend zu lesen, wie
gesagt. Kunst-Krimis, wie gesagt. Aber - wie sagt Maria
Altmann im Interview so treffend: "Ich werde schließlich auch
nicht jünger. Und Österreich setzt auf Verzögerung. Delay,
delay - in der Hoffnung, dass ich sterbe." Und somit wird sich
dieser Streit wohl in die nächste Generation fortsetzen
müssen.
vom 03.11.2005 |