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Quer durch Galerien

Kasperl, treib uns den Teufel aus!

Von Claudia Aigner
Der Heilige Gral? Wer sucht denn den noch? Jeder aufgeklärte Mensch (also jeder, der in den achtziger Jahren genug Taschengeld hatte, um sich einen Sitzplatz in der "Höheren Lehranstalt für Allgemeinbildung" leisten zu können, vulgo im Kino) weiß doch, dass Indiana Jones den Gral bereits gefunden hat. Auf seinem letzten Kreuzzug gegen die Nazis.

Das österreichische Webverzeichnis! Irgendwas muss dabei natürlich schief gegangen sein (und dummerweise hab' ich Steven Spielbergs Dokumentarfilm "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug", der so glaubwürdig ist, dass er durch und durch wahr sein muss, nicht in voller Länge in mein Langzeitgedächtnis überspielt). Denn der Gral soll ja schließlich das Leben verlängern. Trotzdem wurde nie "Indiana Jones IV" gedreht. War der Gral, dieses geistliche "Medikament", am Ende bloß ein geschickter Coup der Pharmaindustrie des ersten Jahrhunderts nach Christi? Das erste Placebo der Menschheitsgeschichte, auf das halt nicht jeder anspricht?
Sei's drum. Jonathan Meese jedenfalls (bis 19. Februar in der Galerie Krinzinger, Seilerstätte 16) hatte Sehnsucht nach dem wundertätigen Kelch, der entweder mit Rotwein vom Letzten Abendmahl oder mit der Blutgruppe AB gefüllt ist (die hat zumindest das Turiner Grabtuch). Und schrieb diesen "Produktnamen", sprich "Gral" sehr oft nieder, während er daneben die Gralshüter Parsifal und Richard Wagner exhumiert und auch noch ein paar Kreuzritter, Hagen ("Tut mir leid, ich bin Hagen von Tronje") und Nietzsche ausgegraben hat (den abtrünnigen Wagnerianer, der uns den Übermenschen lehrte, nachdem uns der erste Homo sapiens den Überaffen beigebracht hat, den Menschen). Und würfelt dann in seinen Bildern alles wild und unbekümmert durcheinander: Versatzstücke, Schlagwörter (Gott, Gold, Gral, Erz, Isis) und eigentümliche, meist peinliche Wortspielereien und Sprachoffenbarungen: "Ich bin Richard Wagner, Sankt Eitum im Erzkampf" oder: "Fräulein Pussy Milklove" - nein, das Kätzchen, das den weißen Energydrink liebt, ist nicht eine weitere Persönlichkeit von Richard Wagner.
Wüste, kryptisch delirierende Männlichkeits-, Heldentums-, Welterlösungs- und Besudelungsfantasien mit Rittern, einem Philosophen und einem Opernkomponisten, die allesamt (ach, wie sag ich's nur am geschmackvollsten?) angeberische Samenspender sind. Und die Schreibweise "Parsiphall" hab' ich sicher bloß übersehen. Die steht garantiert irgendwo. Das ist ja die typisch "freudianische" Orthografie des Herrn M.
Galerie Krinzinger: Entführte Parsifal Dr. Schiwago?
Eine Frage wäre da freilich noch zu klären: Ist Jonathan M. Satanist? Sollten fanatische Fundamentalchristen also schon den erfolgreichsten aller Teufelsaustreiber bestellen, den Exorzisten aus dem Kasperltheater, den Kasperl, damit er die Bilder (oder den Jonathan M.) ein bissl mit seinem Puppenbühnenknüppel verhaut? (Und der Kasperl, mein erster Held, ist immerhin einstens fast jede Woche im Fernsehen mit dem Tintifax fertiggeworden, dem Antichrist mit dem Erbsen-Teint.)
Vielleicht geht der M., wenn er aus Berlin oder Hamburg auf Wien-Besuch ist, ja nicht schnurstracks in die Buchhandlung vom Katholischen Bibelwerk, um das sechste und siebente Buch Mose zu verlangen oder gleich die "Satanische Bibel" des Anton Szandor LaVey. Und womöglich spielt er gar nicht jeden Abend vorm Schlafengehen den Song "Another One Bites The Dust" der Gruppe Queen rückwärts, um den gottlosen, geradezu apokalyptischen Befehl entgegenzunehmen: "Smoke Marihuana!" Nein, ich meine selbstverständlich die angebliche Rückwärtsbotschaft aus Led Zeppelins Opus "Stairway to Heaven": "I Will Live for Satan" (so etwas wie ein Neujahrsvorsatz). Und wahrscheinlich ist Jonathan Meese nicht einmal Linkshänder, was ein Satansjünger schon aus ideologischen Gründen sein sollte.
Aber wer käme sonst auf die Idee, auf Golgatha ausgerechnet drei Spermien zu kreuzigen? Eine besonders garstige und blasphemische Methode der "Empfängnisverhütung", zumal der Erlöser der Christenheit mit dieser profanen Form der Weitergabe der Gene nicht das Geringste zu tun hat, weder vor noch nach seiner Geburt. Und jenes Porträt (Titel: "Der Dr.-Schiwago-Entführer"), auf dem der Porträtierte ein anonymes Gesicht hat wie ein Blatt Extrawurst (zugegeben: ein blöder Vergleich): Steht da nicht neben "Parsival" und unter ein paar Kreuzen: "Das Samenreich"? Wie passt denn das? Na ja, nehmen wir's halt ausnahmsweise als Vulgonamen von jenem Garten der Lüste voll williger Blumenmädchen, den der verschmähte Gralsritter Klingsor in Wagners "Parsifal" gepflanzt hat, um die Enthaltsamkeit im Gralsreich zu sabotieren.
Apropos Wagner. Wacht da nicht eine gar zu eigenwillige Büste des Meisters über Meeses Klaus-Kinski-Kapelle, wo die Wände voll sind mit düster emotionalen Fotos vom Bühnen- und Lebensexzentriker, der sozusagen aus der Genialität des Wahnsinns (oder aus dem Wahnsinn der Genialität) schöpfte? (Die Fotos sind bepinselt mit Wörtern wie "Wahngott" oder "Raubritter".) In der Mitte also ein Januskopf aus Bronze, vorne Wagner in der Blüte seiner Jahre und seines Bartwuchses, hinten Wagners Totenmaske mit einem unzweideutig anatomischen Fortsatz am Kinn. Tja, der Tod ist ja kein Hindernis in der Mythologie. Siehe: Osiris, der noch posthum seine ehelichen Pflichten erfüllte und Vater von Horus wurde.
Ein Schmieranski ist Meese auf jeden Fall. Mit kindlicher Freude an pubertärer "Provokation". (Und selbstverständlich halte ich "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" nicht für einen Dokumentarfilm.)

Galerie Steinek: Auch Weintrauben haben Gefühle

Es ist anzunehmen, dass Harald Durstmüller (bis 29. Jänner bei Steinek, Himmelpfortgasse 22) sogar ein Aquarell hinkriegt, ein künstlerisches. Er müsste ja lediglich ein paar Gegenstände malerisch in der Badewanne versenken und ein Foto davon machen. (Die "natürlichen" Aquarelle malt ja der Alltag in der Waschmaschine: mit den "Wasserfarben" der nassen Wäsche). Dramatisch flackernde, expressive Ölmalerei, nicht mit dem Pinsel, sondern mit dem Fotoapparat, gelingt Durstmüller nachweislich. Da ist er ein Profi. Strukturglas filtert die Welt, die hinter der Glasscheibe naturalistisch ist und auf der andern Seite, wo die Kamera wartet, als patzig gekleckste Malerei herauskommt. Wie Fleisch, das durch den Fleischwolf gedreht wird. Effektvoll "faschierte" Gesichter und Stillleben. Fleisch und Trauben im unwiderstehlichen Affekt.

Erschienen am: 21.01.2005

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