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01.08.2003 - Kultur News
"Skandal-Skulptur" in Wien
Das umstrittene Kunstwerk "Arc de Triomphe" kommt vorerst in ein Lager nach Wien. Wer für Transport und Lagerung aufkommt, steht noch nicht fest.


SALZBURG (ag.). Die umstrittene Skulptur "Arc de Triomphe" der Wiener Künstlergruppe "Gelatin" wurde heute, Freitag, abegbaut. Bereits am Vormittag haben die Arbeiten Max-Reinhardt-Platz in Salzburg begonnen. Noch bevor die auf Kunstwerke spezialisierte Speditionsfirma HS-Art an die Arbeit gehen konnte, haben schon in der Früh Männer der Berufsfeuerwehr den Holzverschlag entfernt. Der nackte Mann mit erigiertem Penis wurde auf eine Palette gestellt und von einem Kran in die Höhe gehievt. Am späten Nachmittag befand sich die Statue am Weg auf der Westautobahn nach Wien: Die Speditionsfirma überstellte in einem Sondertransport den nackten Mann mit erigiertem Penis in eines ihrer Lager.

Wer zahlt?

Die Rechnung für den Abbau zahlt das Rupertinum, wer den Transport und die Kosten für die Lagerung berappen wird, stand vorerst nicht fest. Kaum nennenswert seien die durch die Hitze entstandenen Schäden, wurde mitgeteilt.

Erleichterung

Erleichtert über den Abtransport der umstrittenen Skulptur "Arc de Triomphe" der Wiener Künstlergruppe "Gelatin" zeigten sich Salzburgs Politiker. "Ich bin froh, dass der Spuk beziehungsweise Unfug vorbei ist", meinte Bürgermeister Heinz Schaden (S). Ähnlich äußerte sich auch Landeshauptmann Franz Schausberger (V), der sich erfreut darüber zeigte, dass "die Posse ein Ende hat".

Haftung ausgeschlossen

Jede Haftung der Stadt für etwaige Schäden, welche die Skulptur eventuell erlitten haben könnte, schließt Schaden aus. Das Vorgehen und Verhalten der Direktorin des Museums der Moderne Rupertinum, Agnes Husslein-Arco, habe der Stadt geschadet, meinte der Bürgermeister, der sich nicht mehr weiters über die Causa äußern wollte.

Sensiblere Befassung

Mit der Aufstellung von Kunstwerken auf öffentlichen Plätzen werde man sich künftig etwas sensibler befassen müssen, sagte der Landeshauptmann. In der ganzen Angelegenheit habe es Überreaktionen auf beiden Seiten gegeben. "Salzburg ist in aller Munde - ob negativ oder positiv." Wichtig sei für ihn, dass jetzt die Gerichte nicht damit befasst würden, so Schausberger. Inhaltlich wolle er sich nicht mehr äußern.

Spuk vorbei

Er habe mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, "dass mit dem Abtransport der Spuk vorbei ist", sagte Kulturlandesrat Othmar Raus (S). Es sei schade, dass der Ausstellung "Jean Dubuffet" nicht so viel Aufmerksamkeit zugekommen sei, wie sie es verdient habe, so Raus und Schausberger. "Kunst und Freiheit sind im Spannungsfeld der Gesellschaft - beide sind aber nicht grenzenlos frei", betonte Raus.

Husslein enttäuscht

Die Rupertinum-Chefin zeigte sich in ihrem Resümee über die Politiker enttäuscht. Sie werde sich aber nicht unterkriegen lassen, unterstrich Husslein. Das Kunstwerk werde sicherlich nicht auf dem Müll landen, es gebe schon Interessenten.

Demonstration kultureller Intoleranz

Als beschämende und entlarvende Demonstration kultureller Intoleranz und provinziellen Spießbürgertums bezeichnete Rektor Gerald Bast von der Wiener Universität für angewandte Kunst die "Einhausung" und nun auch noch erzwungene Entfernung der Skulptur durch die Salzburger Stadtpolitik.

"Erbärmlich und skandalös"

"Es ist erbärmlich und skandalös, wie brachial mit Kunst und Künstlern umgegangen wird, die die Idylle der satten Selbstzufriedenheit ein wenig irritieren könnten: Zunächst wird das Kunstwerk mit einem Bretterverschlag zugenagelt. Und als man realisiert, dass dies vielleicht als öffentliche Manifestation der eigenen Geisteshaltung verstanden werden könnte (Stichwort: Brettl vorm Kopf), wird das Kunstwerk samt Bretterverschlag weggeschafft", resümierte Bast.

 



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