Salzburger Nachrichten am 25. März 2003 - Bereich: kultur
Für ein humanes Bauen
Wien: Zwei Ausstellungen erinnern an den Architekten Ernst A. Plischke
Anlässlich seines 100. Geburtstags am 26. Juni unterstreicht die Wiener Akademie der bildenden Künste anhand von zwei Ausstellungen die Bedeutung des österreichischen Architekten Ernst A. Plischke (1903-1992), der zu den konsequentesten Vertretern des "Neuen Bauens" in den zwanziger und drei-ßiger Jahren des 20. Jahrhunderts zählt. Die Wiener Akademie besitzt den gesamten Nachlass. Plischke entstammte einer Klosterneuburger Tischlerfamilie. Er
studierte an der Wiener Akademie bei Peter Behrens. 1928 eröffnet er ein
eigenes Architekturbüro, markante Bauten wie das Arbeitsamt Liesing
entstanden. 1939 emigrierte er nach Neuseeland. Bis heute wird dort seine
Arbeit hoch geschätzt. 1963 kehrte der Architekt nach Wien zurück. Er
wurde Nachfolger von Clemens Holzmeister an "seiner" Wiener Akademie,
erhielt jedoch nur mehr wenige Aufträge. Vorgestellt werden Plischkes wichtigste Bauten in der
Zwischenkriegszeit wie das Arbeitsamt Wien-Liesing, von dem sich heute nur
mehr die Fassade originalgetreu erhalten hat, das Haus Mühlbauer in Wien
und vor allem das eingeschossige Haus Gamerith am Attersee, wo Plischke
eine ideale Verbindung von Innenraum und umgebender Natur gelingt.
Als "Ikone" der Architektur Plischke gilt jedoch Haus Sutch in
Wellington, das anhand von bestechenden großformatigen Fotos ebenso
dokumentiert wird wie die sonstige umfangreiche Bautätigkeit in
Neuseeland.
Im Kaiserlichen Hofmobiliendepot wird Plischke als Möbeldesigner
präsentiert. Die Einrichtungen zeugen von seiner "tiefen Liebe für das
Handwerk". Einfache, funktionsbetonte Linienführung war ihm wichtig.
Prunkstück ist der Schreibtisch, den Plischke für die britische
Kronprinzessin Elizabeth entwarf. Ein bleibendes Dokument ist jedoch die
Rekonstruktion der 1928 für die berühmte Keramikerin Lucie Rie entworfenen
Wohnungseinrichtung.
Ein wahres Dokument ist der zur Ausstellung erschienene Band "Ernst
Plischke, das Neue Bauen und die Neue Welt" im Prestel-Verlag.
GÜNTHER FROHMANN
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