Frida Kahlo, die Kunst-Ikone Mexikos
Kunstforum Wien. In Berlin war die Ausstellung ein Publikumsmagnet, nun ist sie in Wien zu sehen.
ERNST P. STROBL Wien (SN). Was muss das für ein Leben gewesen sein! Nicht nur, dass Fridas Kahlo an Kinderlähmung erkrankte, bei einem grauenhaften Busunfall wurde der Unterleib der damals 18-Jährigen von einer Eisenstange durchbohrt. Immer wieder sorgen Erkrankungen für die Fortsetzung des Leidenswegs, zuletzt muss Frida Kahlo ein Stahlkorsett tragen, ist an den Rollstuhl gefesselt, ein Unterschenkel muss amputiert werden. Nach dem Busunfall hatte die Tochter eines deutschstämmigen Fotografen aus Mexiko City zu malen begonnen. Die Autodidaktin ist eine große Künstlerin, das lässt sich zweifelsfrei sagen. Frida Kahlo ist aber mehr: Sie ist ein Mythos, eine Ikone der mexikanischen Kultur, ein Merchandising-Renner, und als Identifikationsfigur ist sie massentauglich. Frida Kahlo Superstar. Das führte im Gropius-Bau in Berlin den Sommer über zu stundenlangen Wartezeiten, der Andrang im Kunstforum Bank Austria an der Freyung in Wien dürfte ebenfalls enorm sein. Denn dort zeigt man ab heute, Mittwoch, bis 5. Dezember eine Retrospektive von Frida Kahlo (1907–1954) mit 60 Gemälden und 90 Arbeiten auf Papier sowie eine großen Zahl von Fotos.
Fotos prägten schon die Kindheit der Frida Kahlo, häufig stand sie ihrem Vater Modell, der starre Blick in die Kameralinse fand in den Selbstporträts der Malerin eine Fortsetzung mit anderen Mitteln. Mehr als ein Drittel der Gemälde sind Selbstbildnisse – das Leben ist bei Frida Kahlo untrennbar mit der Kunst verbunden. Das Bild einer Frau mit Anflügen von Damenbart und markanten Augenbrauen gräbt sich auf Anhieb ins Gedächtnis ein, die Selbstinszenierung ist allerdings mit Symbolik aufgeladen. Liebe und Leidenschaft, Enttäuschung und Schmerz kommen vielfach verschlüsselt daher.
Hollywood und Selma Hayek sorgten vor Jahren für die weitere Verbreitung des Mythos. Seit Jahrzehnten werden die Bilder von Frida Kahlo millionenfach reproduziert – und dennoch ist es faszinierend, wenn man den Originalen gegenüberstehen kann. Für Kurator Florian Steiniger ist die Schau die „bisher bedeutendste im Kunstforum“. Die aufschlussreiche Fotosammlung hat übrigens Cristina Kahlo, Großnichte der Malerin, kuratiert. Ingried Brugger, Direktorin des Kunstforums, ist stolz darauf, dass Werke gezeigt werden, „die bisher als verschollen galten“, was damit zusammenhängt, dass die knapp 150 hinterlassenen Ölgemälde großteils in privaten Sammlungen in Mexiko und den USA verschwanden. Außerdem werden Kahlos Bilder als mexikanisches Nationalkulturgut betrachtet, was schon bei den dreijährigen Vorarbeiten zur Ausstellung lange bürokratische Wege in Anspruch nahm.
Eines der beeindruckenden Selbstporträts zeigt Frida Kahlo mit Dornenhalsband, eine Rose ist zum Käfig geworden, blutende Wunden am Hals verweisen auf Traumata wie Unfall und peinigende Liebesaffären ihres Mannes, Tiere werden zu magischen Zeichen. Frida Kahlo hatte mit ihrem Ehemann, dem Maler und Politmenschen Diego Rivera, nicht gerade das Glückslos gezogen, einer Scheidung folgte eine zweite Eheschließung, auch Frida lebte nicht gerade nonnenscheu. Rivera findet sich als magisches Auge auf der Stirn von Frida Kahlo in einem Selbstbildnis, und wenn er nicht vorkommt, deuten Nägel wie im erschütternden Bild „Die zerbrochene Säule“ auf seine Untreue hin. Durch Diego Rivera hatte Frida Kahlo Leo Trotzki kennengelernt, er wohnte beim Ehepaar in dessen legendärem „Blauen Haus“ im Coyoacán und begann mit Frida eine Affäre. André Breton begeisterte sich für den Surrealismus in Kahlos Bildern. Zu eigenen Ikonen wurden die Farbfotos, die Nickolas Muray von seiner Geliebten anfertigte. Die Ausstellung wird mit Devotionalien wie einem bemalten Brustpanzer gekrönt. Info: www.bankaustria-kunstforum.at