02.02.2002 11:35:00 MEZ
Wie Morak einen Bestbieter findet
Die Ausgliederung der Artothek: Der Vertrag als Download

Wien – Karl Öllinger und fünf weitere Nationalratsabgeordnete der Grünen brachten am Freitag eine parlamentarische Anfrage an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel „betreffend Begünstigung Pultar bei Ausgliederung der Artothek“ ein. Grundlage für die Vorwürfe und rund 50 Fragen bildet ein Vertrag, der mit Christian Pultar, einem Berater von Kunststaatssekretär Franz Morak, abgeschlossen wurde.

Die Vorgeschichte

Die Vorgeschichte: Im Mai 2001 empfiehlt der Rechnungshof (RH), die Artothek aufzulösen und die Bestände – derzeit rund 26.000 Kunstwerke – den Bundesmuseen zuzuteilen. Am 30. Mai fragt das Kanzleramt acht Museen und die TheaterservicegmbH der Bundestheater, ob sie an einer kompletten Übernahme der Artothek interessiert sind. Die Museen lehnen ab. Albertina-Direktor Klaus A. Schröder plädiert (wie der RH) für die Aufteilung der Sammlung.

Am 26. Juni legt die TheaterservicegmbH ein Anbot über 166.116 Euro pro Jahr für Lagerung, Digitalisierung und Verleihverkehr. Das BKA verlängert die Einreichfrist auf 11. Juli. Ein zweites Anbot langt nicht ein. Am 7. August beantragt Christian Pultar die Zulassung des Vereins „Gesellschaft zur Förderung der Digitalisierung des Kulturgutes“, der Nichtuntersagungsbescheid wird von der Polizei am 7. September ausgestellt.

Schon zuvor, im Zuge einer weiteren Fristerstreckung auf Mitte August, legt der Verein ein Anbot – in zwei Varianten: Die eine sieht einen (weit höheren) Betrag von 202.685 Euro vor. Sollte aber der Verein in Kooperation mit dem BKA eine Förderung im Rahmen des EU-Equal-Programms erhalten, das drei Jahre läuft, würde er, so die Variante zwei, für diese Zeit nur 109.009 Euro jährlich verlangen.

Der Vertrag

Unter der Annahme, dass der Verein die Förderung bekommt, ist er bei einer Vertragsdauer über fünf Jahre der Bestbieter – und erhält den Zuschlag: Am 20. Dezember veröffentlicht der RH seinen Bericht über die Artothek, am 21. Dezember wird der Vertrag unterzeichnet. Er tritt mit 1. Jänner 2002 in Kraft. Moraks Büro informierte die Öffentlichkeit erst Tage später.

Der Vertrag wurde aber „auf unbestimmte Zeit“ abgeschlossen, was bedeutet, dass der Verein ab einer Laufzeit von acht Jahren nicht mehr der Bestbieter ist. Zudem finanziert die EU eine allfällige Equal-Förderung nur zur Hälfte: Die andere wird vom Wirtschaftsministerium bestritten.

Die Grünen glauben, dass eine öffentliche Ausschreibung notwendig gewesen wäre, weil der Auftrag den Schwellenwert von 200.000 Euro überschritt. Zudem mutmassen sie „Missbrauch“: Der Verein hätte nur deshalb ein für das BKA kostengünstigeres Anbot erstellen können, „weil der Auftraggeber BKA gemeinsam mit dem Anbieter in engster Verschränkung mit Auftragsvergabe und Vertrag ein Förderprojekt eingereicht hat.“ Konfrontiert mit den Vorwürfen der Grünen, meinte Sektionsleiter Manfred Matzka, der der Vertrag unterzeichnet hat, dass zur Anfrage „Stellung genommen werde“.

Dem Standard liegt der Vertrag vor. Dieser ist, wie auch die parlamentarische Anfrage, mit "Acrobat Reader" samt Votum zur Gänze downzuloaden.

(DER STANDARD, Printausgabe vom 2./3.2.2002)


Quelle: © derStandard.at