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Ausstellung: Rechnende Räume

09.08.2010 | 18:28 | SABINE VOGEL (Die Presse)

Medienkunst ist nur noch ein Spielplatz für Technikfreaks. Jetzt hat im Künstlerhaus am Karlsplatz die Ausstellung „Space Inventions“ eröffnet, mit der Kurator Gottfried Hattinger genau dieses Klischee aufbricht.

Wie Heilsversprechen erschienen sie uns damals – die Werke der Medienkunst in den 1980er-Jahren. Plötzlich konnte man dank ausgefeilter Programme und immenser Apparate physisch in Vorstellungswelten eintreten – dachten wir: Auf einem realen Fahrrad sitzend, radelte man durch eine computererzeugte Welt, die auf die Leinwand projiziert war. Technisch waren solche Werke Sensationen, aber der Erlebnis- und Erkenntniswert war gering. Immer häufiger bezogen die Werke ihre Spannung ausschließlich aus technischen Neuerungen. Mittlerweile wird das Versprechen auf neue Räume längst nicht mehr in Ausstellungen, sondern in Computerspielen eingelöst.

 

Technik wird sinnlich

Medienkunst, so scheint es, ist nur noch ein Spielplatz für Technikfreaks. Jetzt hat im Künstlerhaus am Karlsplatz die Ausstellung „Space Inventions“ eröffnet, mit der Kurator Gottfried Hattinger genau dieses Klischee aufbricht. Von 1987 bis 1991 künstlerischer Leiter der Ars Electronica, seit Jahresbeginn Leiter des Festivals der Regionen, hat Hattinger zehn Künstler bzw. Teams eingeladen, „künstliche Räume“ aufzubauen. Das ist ein hoher Anspruch, denn in der Kunst ist die Unterteilung zwischen künstlich und natürlich gar nicht so klar, und noch schwieriger ist die Frage, was das überhaupt ist, der „Raum“. Immanuel Kant schrieb einmal: „Der Raum ist an sich nichts, das heißt, er hat seinen Grund bloß in der Beschaffenheit unserer Sinnlichkeit und fällt mit dieser weg.“

Genau darauf zielen die zehn Beiträge im Künstlerhaus: sinnliche Erfahrungen. Einige Werke bleiben dabei zwar in Klischees stecken, wenn etwa neben einem Armsessel Knöpfe dazu einladen, zwischen sieben Wettersituationen zu wählen (Vadim Fishkin). Oder wenn Mariko Moris bunt leuchtender „Transcenic Circle“ an Flurbeleuchtung erinnert. Andere Beiträge dagegen schaffen es, unsere Erwartungen umzudrehen: „Hemisphere“ nennt Ulf Langheinrich sein „planetariumgleiches Illusions-Environment“, in dem Rauschpartikel psychedelische Bilder erzeugen. Liegend, stehend oder hockend ist man in der riesigen Halbkugel umgeben von Wellen oder wimmelnden Punkten, die ineinander übergehen, einen Sog bilden, vibrieren – ein Raum, der sich selbst infrage stellt.

Auf Orientierungslosigkeit zielt auch Ralf Baecker: „Der rechnende Raum“ ist eine Holzkonstruktion, in der sich permanent etwas bewegt, Bleigewichte sich verschieben, alles miteinander verspannt ist, unaufhörlich irgendetwas vor sich geht. Diese „umgestülpte Maschine“ rechnet pausenlos, die Ergebnisse aber sind für uns nicht zu sehen. Wir erleben ein perfektes Zusammenspiel, in dem wir jedes Detail beobachten können, aber immer außen vor bleiben.

„Space Inventions“ im Künstlerhaus, bis19.September 2010; tägl.: 10–18h, Do: 10–21h


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