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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
27. Februar 2006
18:15 MEZ
Von Markus Mittringer

Sammlung Essl
Bis 21.5. 
Foto: Courtesy Lentos Kunstmuseum Linz/ © Nachlass Koloman Moser
Koloman Moser: "Venus in der Grotte", 1913/15 (Öl auf Leinwand, 150 x 100 cm)

Foto: Galerie Feichtner/Martin Schnur
Martin Schnur, "Ohne Titel, Aus der Menad #4", 2004, Öl auf Leinwand.

Altbekanntes Österreichbild
Die Sammlung Essl zeigt österreichische Kunst des letzten Jahrhunderts: Standardergänzungen zum Standardprogramm

Klosterneuburg – Mit zur Tradition des Hauses Essl in Klosterneuburg gehört es, regelmäßig den eigenen Bestand aufzumischen. Bisweilen hängt der Hausherr um, bisweilen werden Fremdkuratoren geladen, um der untadelig rasch wachsenden Sammlung eine neue Facette abzuringen, einen neuen Anreiz zu schaffen, die kleine Landpartie nach Klosterneuburg zu unternehmen.

Auf den verdienten Wieland Schmied, der jetzt eben – unterstützt durch Silvie Aigner im Segment der jüngsten Kunstproduktion – das neue Arrangement besorgt hat, trifft weder der "Hausherr" noch der "Fremdkurator" ganz zu. Er kennt die Sammlung Essl und er kennt sich aus, in der österreichischen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts, und in all jenen Häusern, die Teile davon beherbergen.

Und also hat er zusammentragen lassen, womit sich etwas wie Österreich 1900–2000 behaupten lässt, hat dort, wo die Sammlung Essl an Masse wie Klasse nicht eben reich bestückt ist, Leihgaben angefordert, und dort wo das neue Jahrhundert beginnt, eine Kokuratorin bestellt.

Konfrontationen und Kontinuitäten nennt er die Schau, und die Leihgaben dienen vorwiegend dazu, den Kontinuitäten einen Ausgangspunkt zu setzen, die Sammlung Essel, die erst in der Zeit nach 1945 einsetzt, historisch zu verankern. Mit Gustav Klimt, Egon Schiele, Richard Gerstl, Oskar Kokoschka, Max Oppenheimer, Koloman Moser, Albin Egger-Lienz, Werner Berg, Arnold Schoenberg oder Herbert Boeckl findet sich da das Standardprogramm zum Zweck; mit dem aus Breslau stammenden Franz Sedlacek und dem Hüttenberger Jean Egger die Standardergänzung zum Standardprogramm. Und auch die Aufteilung der Schau verrät ein gediegenes Vorgehen – fünf Abschnitte gliedern die Einführung: "Nach 1900" (1900–1918), "Die Zwischenkriegszeit" (30er-Jahre), "Nach 1945" (1945–1965), "Neue Tendenzen" (1956–1995) sowie "Zeitgenössische Positionen" (1995–2005).

Unter Kontinuitäten verbucht Wieland Schmied eine vom Expressiven ins Abstrakte reichende Linie, die sich an den Namen Richard Gerstl, Herbert Boeckl und Josef Mikl festmachen lässt. Eine andere Linie lässt sich von den Posen der Figuren eines Egon Schiele zur Körperkunst des zu Ende gehenden 20. Jahrhunderts ziehen, während manche Unheimlichkeiten im zeichnerischen Werk von Alfred Kubin und Klemens Brosch sich etwa bei Günter Brus fortsetzen.

Zu den Konfrontationen gehören für den Kunsthistoriker, der bei Prestel den Band VI der Geschichte der Bildenden Kunst in Österreich herausgegeben hat, sowohl die in der persönlichen Rivalität begründeten Gegensätze, wie zwischen dem frühen Kokoschka und Max Oppenheimer, als auch prinzipielle Widersprüchlichkeiten, die sich "mit dem Begriffspaar Josephinismus und Barock bezeichnen lassen" und im Konflikt zwischen Adolf Loos und Karl Kraus einerseits, der Klimt-Gruppe und der Wiener Werkstätte auf der anderen Seite kulminieren.

In der Nachkriegszeit sieht Wieland Schmied diese Gegensätze "im Dualismus der Gruppe um Otto Mauer (Rainer, Mikl, Hollegha, Prachensky) und den Phantastischen Realisten (Brauer, Fuchs, Hausner, Hutter, Lehmden) fortgesetzt. Die Gegenwart zeigt sich in der Schau dann als x-beliebige Anhäufung diverser Produkte. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.2.2006)


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