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08.07.2003 - Ausstellung
Ausstellung: Mehr Licht statt Lifestyle
Wilfried Seipel zeigt im Palais Harrach seine Lieblingskünstler: Zur Zeit Manfred Hebenstreit.
VON ALMUTH SPIEGLER


Crash oder Vereinigung? Was passiert, wenn Emo tion und Ratio aufeinan der prallen? "Corpus Callosum", so nennt die Wissenschaft diese rasante Rennstrecke der Nervenfasern zwischen linker und rechter Gehirnhälfte sowie Manfred Hebenstreit seine Ausstellung im Palais Harrach. Wie in diesem hochsensiblen Strang prallen auch in seinen Bildern Abstraktion und Expression aneinander - kein Crash, sondern Vereinigung.

KHM-Generaldirektor Wilfried Seipel widmet dem 1957 in Altheim, Oberösterreich geborenen Maler eine mit 120 Arbeiten schön ausführliche Retrospektive. Dabei gibt Seipel angenehm offen zu, dem Künstler seit seiner Zeit an der Oberösterreichischen Landesgalerie persönlich verbunden zu sein. Subjektive Auswahl muss kein Schaden sein, kann doch das intensive, extrem geradlinige Werk Hebenstreits als echte Entdeckung für Wien bezeichnet werden. Noch nie wurde es hier in größerem Rahmen ausgestellt.

Nach Jahren in München 1995 wieder in seine Heimat zurückgekehrt, schaffte er im Gegensatz zu seinen Kollegen Siegfried Anzinger, Hubert Schmalix oder Hubert Scheibl keinen internationalen Durchbruch. Dabei waren die Vorzeichen ähnliche: Alle stammen sie aus Oberösterreich, sind in etwa gleich alt und profitierten vom Malerei-Boom Anfang der 80er Jahre. In seiner abstrakten Bildsprache ist Hebenstreit jedoch am sprödesten, und heute frönt die junge Kunst mehr denn je dem schnellen, wilden Erlebnis.

In kräftigen Strichen, erdigen Farben, einfachen, teils plumpen, schweren Formen kanalisiert der ernste Künstler seine Umwelt, seine ausgedehnten Reisen. Landschaften könnte man hier sehen, Äste, Figuren - und vor allem Licht. Diesem Bedürfnis nach "Scheinen" gab Hebenstreit in letzter Zeit etwas zu viel nach und produzierte zwei Serien Glasbilder. Ein für fast alle Künstler gefährliches Material-Abenteuer. Die Objekte schrammen nur knapp am dekorativen Kitsch vorbei.

Ganz anders seine kleinformatigen Serien, die auf der kroatischen Insel Krk entstanden, oder die "Irak-Bilder", nachträglich so benannt, als sich Hebenstreits Farben 1991 als unbewusste Reaktion auf den Krieg verdunkelten.

Bis 10. August. Tägl. 10-18 Uhr.



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