Quer durch Galerien
Boxenstopp in der Niere
Von Claudia Aigner
"Aua extrema" - ob das der Stoff ist, aus dem die
Zahnschmerzen und die Darmkoliken gemacht sind? "Aua extrema II" ist dann
womöglich das optimierte Produkt (neu: Jetzt noch brachialer, mit noch
mehr "aua!"). Beweisstück A ist der Kaktus, mit dem Björn Dahlem sein "Aua
Extrema II" abgeschmeckt hat. Flagellanten, die sich mit ihrer
neunschwänzigen Katze schon ein bisschen langweilen, werden sich ja zur
Not mit einem Kaktus den Weltschmerz zufügen können (mit der
Akupunkturpraktik, die man poetisch umschreiben möchte mit: "Ich habe
Honig gestohlen und alle Bienen haben es gemerkt"). Aber ich schweife ab.
Dahlems neuester, heimwerkerisch eher dilettantischer Streich (bis 4. Mai
bei Kerstin Engholm, Schleifmühlgasse 3) überfordert mich nämlich.
Besagter Kaktus steht da auf dem Wipfel eines salopp-klapprigen
"Bäumchens" aus Holzlatten. Auf den "Ästen": Flaschen mit einer verdächtig
gelben Flüssigkeit. Dass man den Kamillentee nicht auf Anhieb erkennt,
sondern dem Künstler eine rege Harnblase unterstellt, mag ein Freudscher
"Verschauer" sein, an dem aber jene Aktionisten schuld sind, die stolze
Besitzer eines Verdauungsapparates waren (wie andere eben als
Prestigeobjekt eine Espressomaschine daheim haben). Das, was aussieht wie
Kamillentee nach einem "Boxenstopp" in der Niere, als Gegenmittel gegen
das "große Bauchweh"? Das "Bäumchen" also eine Apotheke? Alchemistisch
sieht es zumindest aus. Als hätte hier halt jemand kraft seines
Stoffwechsels "Gold" erzeugt (das Nichteingeweihte einfach dem Kanal
anvertrauen). So, ich erlaube mir jetzt, das Rätsel ungelöst zu
lassen. Es trachtet mir ja keine Sphinx nach dem Leben. Die Antwort ist
sowieso immer "der Mensch", der in der Früh geboren wird (das
kulissenhafte Loch könnte ja eine "Potemkinsche Mutter" im Kreißsaal
sein), tagsüber erleidet er sein Dasein und geht zu den Medizinmännern
und, wenn Schlafenszeit ist, benutzt er die "Himmelsleiter" (das imposante
Gebilde, das einem chinesischen Glücksdrachen dezent ähnlich sieht).
Gut 57 Jahre nach Überschreitung ihres Ablaufdatums stehen sie immer
noch stramm, die Wiener Flaktürme. No na, sie sind ja "unzerstörbar", aber
natürlich trotzdem bis zu einem gewissen Grad verwüstlich (in ihrem
Schatten können sich also im Extremfall alle Generationen der restlichen
Menschheitsgeschichte der Reihe nach auf ein Parkbankerl setzen und
"Vergangenheitsbewältigung durch Warten" praktizieren - bis nichts mehr da
ist). Lydia Lenzenhofer (bis 20. April in der Galerie Ariadne,
Bäckerstraße 6) hat die Wände der "Fossilien" wie abstrakte Bilder
abfotografiert und die "langsamere Zeitrechnung" der Flaktürme kongenial
auch auf ihre Sandbilder übertragen, die beinah die konzentrierte
Passivität eines Zen-Gartens haben. Mir gefällt's sehr gut. Bis 26.
April in der Galerie Lindner (Schmalzhofgasse 13): Susanne Ackermann. Ihre
"Kastelbilder" lösen nicht unbedingt Euphorie aus. Die Farben passen auch
nicht so richtig. Ihre dynamischen "Schlingenbilder" sind ihr hingegen
ausgesprochen gut gelungen.
Erschienen am: 12.04.2002 |
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