Mächtige
Mythenbilder von Anselm Kiefer während der Sommerfestspiele sowie
„Welt-Aquarelle“ von Georg Baselitz zu den Osterfestspielen bei
Thaddäus Ropac. Parallel dazu Skulpturen und Malerei der langjährigen
Künstlerfreunde und Malerfürsten Jörg Immendorff und Markus Lüpertz im
Salzburger Museum der Moderne. Im Herbst dann eine Paarausstellung mit
Neo Rauch und dessen Frau Rosa Loy in der Sammlung Essl sowie ebendort
im Vorfeld die demokratische Installationskunst von Tobias Rehberger,
Star der letzten Venedig-Biennale. Und dazu knapp vor Jahresende die
radikale Farbfotografie des Leipziger Dokumentaristen Joachim Brohm in
der Linzer Landesgalerie: Jaja, quer durchs Land haben die „Deutschen“
definitiv Fixplätze im Ausstellungskalender der österreichischen
Kunsthäuser. Mit Namen wie den Genannten ist das Risiko überdies gering
und der Publikumserfolg fast schon vorprogrammiert.
Einen, der
bislang eher nur Insidern geläufig gewesen ist, schickt jetzt die
Kunsthalle Krems ins Rennen: Jonas Burgert, dessen Bilder in Österreich
2008 schon einmal in der Stadtgalerie Schwaz zu sehen waren.
„Lebendversuch“ heißt nun die erste große Museumspersonale des
42-jährigen Berliners, der in den Jahren nach dem Malereistudium in
erster Linie als Erfinder und Organisator der „Fraktale“, eines
Offspace-Festivals zur zeitgenössischen Kunst mit Newcomern und
Arrivierten, auf sich aufmerksam machte.
Vom einmal
eingeschlagenen Weg als figürlicher Maler hatte sich Burgert dennoch
nie abbringen lassen, auch wenn er sich jahrelang nur mit
Gelegenheitsjobs über Wasser halten konnte. Der Spagat zwischen der
Gegenständlichkeit und der Erzeugung einer verschlüsselten, entrückten
und fantastischen Atmosphäre ist von Beginn an seine Sache gewesen,
doch Anfang des letzten Jahrzehnts war die Zeit für derlei Inhalte noch
nicht reif – bis zu Burgerts Beteiligung an der Gruppenausstellung
„Geschichtenerzähler“, 2005 in der Hamburger Kunsthalle, in der
Christoph Heinrich, Leiter der Galerie der Gegenwart, seine Bilder
neben jenen von Neo Rauch zeigte. Ab da ging es rasant bergauf, Sammler
wurden hellhörig. Der Kunstmarkt lieferte 2006 den beinharten Beweis in
Form eines legendären Auktionsresultats, bei dem ein auf 5000 bis 7000
Euro taxiertes Gemälde auf 32.000 Euro kletterte und damit als
teuerstes Los des Abends wegging. Heute stehen die Sammler Schlange und
ordern Bilder, die nicht einmal noch gemalt sind.
Kampf bis zum Schluss.
Trotzdem ist Jonas Burgert vor einer Ausstellung immer noch nervös,
zumal er sich selbst als langsamen Arbeiter beschreibt, der die
„atmosphärische Idee einer Bildthematik“ zwei Wochen mit sich
herumträgt und erst, „wenn diese Idee besteht“, zu malen beginnt.
Jetzt, vor der Eröffnung seiner großen One-Man-Show in der Kunsthalle
Krems, hat er fast bis zum Schluss gemalt. Nicht, dass zuwenig Material
für die Ausstellung vorläge. Immerhin hat die Personale des
Shootingstars vor Kurzem bereits in der Kunsthalle Tübingen erste
Station gemacht. Aber für die Kremser Präsentation hat Jonas Burgert
noch ein spezielles Bild vorgesehen. Mit den Dimensionen vier mal
sieben Meter zählt es zu seinen „größeren“. Doch es ist nicht das
Format selbst, das er mittels Leiter und Gerüst bewältigt, was ihm
Kopfzerbrechen bereitet. „Ich liebe ja große Formate“, sagt er. „Doch
da es ein sehr kompliziertes Bild mit vielen Figuren ist, werde ich
wohl bis zur letzten Sekunde kämpfen.“ Bereits vor Wochen hat er das
kundgetan und es jetzt noch einmal beteuert.
Welttheater.
Damit beschreibt er im Grunde viele seiner Bilder. Immer wieder wimmelt
es da von Figuren, die zwar als menschliche erkennbar sind, aber dann
doch nicht genauer bestimmt werden können. Bald gibt es Anklänge an
Schamanen und Zauberer, bald an Figuren der Commedia dell’Arte, bald an
archaische Typen wie Krieger, Jäger, Sammler. Theatralik blitzt immer
wieder auf, was einige seiner Interpreten veranlasst, seine Werke als
Welttheater zu deuten. An die Stelle von Handlung oder Erzählung tritt
die Erzeugung einer Atmosphäre. „Die Grundidee meiner Bilder ist die
Bühne zu malen, auf der das Ringen um geistige Repräsentanz
stattfindet. Eine Bühne, auf der der Mensch sich selbst definiert in
all seinen Absurditäten, Widersprüchen, Hoffnungen und
Sehnsüchten . . . Vielleicht klingt das vermessen, aber ich bin der
Meinung, dass diese Begrifflichkeiten nicht anders zu benennen sind.
Dieser Prozess hinterlässt Spuren, weshalb ich oft Szenerien male, in
denen das Resultat einer Handlung zu sehen ist – der ,schöne‘ Dreck
eines inneren Kampfes.“ Dabei ist ihm vor allem eines wichtig: „Der
Zeitpunkt und der Ort, an dem die Szenerie stattfindet, soll nicht klar
definiert sein, da diese grundsätzliche Auseinandersetzung mit sich
selbst ein zeitloses Phänomen ist. Im Prinzip geht es immer um eine
symbolische, existenzielle Geste des Menschen.“ Ein Anspruch auf
Allgemeingültigkeit, den er zum Markenzeichen gemacht hat.