KHM im Palais Harrach: Überblick über das Werk von Ernst Fuchs
Sphingen, Cherubinen und Heilige
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
1945 zeichnete der 1930 geborene Ernst
Fuchs sein Selbstbildnis als alter Mann - er ist heute nicht ganz, aber
doch fast in dieses hineingewachsen, jedenfalls blieb er seinen
Markenzeichen Bart und Kappe treu. Die Ausstellung "Ernst Fuchs. Mythos -
Phantasie - Realismus" im Palais Harrach bis 14. Oktober versammelt eine
Retrospektive ab den Zeichnungen des Wunderkindes, das mit 15 Jahren auf
die Akademie aufgenommen wurde - zuerst zu Andersen, später zu Gütersloh,
dem Anreger der späteren "Wiener Schule des Phantastischen Realismus".
Dieses Frühwerk zeigt, was im Nachkriegs-Wien künstlerisch am
progressivsten war: Der apokalyptisch anmutende Zyklus "Die Stadt" steht
in Zusammenhang mit den Frühwerken Arnulf Rainers, mit dem Fuchs auch eine
ideologische Gemeinschaft verband. Der Impulsgeber für die kurze Phase des
Badeners ist eindeutig - wie an den Werken nun gut abzulesen - der Wiener
Fuchs. Die Neuerfindung eines Stils in Nachfolge der Donauschule und
ihrer altmeisterlichen Technik löste ab den sechziger Jahren einen Boom
aus, der heute gerne vergessen wird und der nicht nur dazu führte, die
Gruppe Hausner, Lehmden, Hutter, Brauer und Fuchs berühmt und schulbildend
zu machen, sondern auch die spätere Abnützung und Ablehnung auszulösen. Er
bekam übrigens als einziger keine Professur auf der Akademie, lehrte aber
lange in Reichenau an der Rax - Ruhm und Verkauf waren ihm so auch sicher.
Nach den Atombombenabwürfen illustrierte Fuchs in seinen Grafiken,
meist mit Bleistift auf weiß grundiertem Packpapier, ein Szenario der
Weltangst, das er durch die spätgotischen Ecce-Homo-Themen, Kreuzigungen
und die "Versuchungen des hl. Antonius" mit Kriegerisch-Apokalyptischem
dem Stil des französischen Surrealismus verquickte. Jener war durch die
Nazizeit fast spurlos an Österreich vorübergegangen, als sehr eigenwillige
Variante tauchte er nun auf. 1954 malte sich Fuchs in seiner typischen
Mischtechnik als Kaiser von Österreich, später schlüpft sein Selbstporträt
in die Philosophen, Götter und Helden - ein wenig Genie- und Männerkult
Nietzsches und des 19. Jahrhunderts konnte sich hier breit machen (aber
gibt es auch bei Nitsch u. a.). Aus der Kunstgeschichte eignete er
sich in den frühen Porträts noch die Technik und Form der van Eycks, des
Meisters von Flemalle, Petrus Christus und Fouquets an. Dämonen aus
Bildern des Hieronymus Bosch, aber auch die utopische Programmschriften
eines Le Corbusier stehen vor den späteren, schon oberflächlicheren
Übernahmen von Redon, Gustave Moreau, Morris, Böcklin und den
Präraffaeliten. Was folgte, gilt leider auch für die Kollegen der Gruppe:
Die Fixierung auf die Perfektion der alten Technik, die Starrheit in
Thematik und Weltsicht führte zu Untiefen, die sich auch schon in
symbolistischen Abgründen des Fin-de-Siècle vor mehr als 100 Jahren
herauskristallisierten. Viele bezeichnen die farbstarke Pracht dekorativ
gewandelter Kompositionen des Künstlers aus den letzten Jahrzehnten als
Kitsch, von den glatten Skulpturen und Möbeln, aber auch Bühnenbildern und
Architekturen im angewandten Bereich will in einer eher vom
minimalistischen Ideal bestimmten Styling heute natürlich auch niemand
mehr etwas wissen - Geschmack ist zwar eine subjektive Sache, aber
gemessen an den fantastischen Frühwerken ist die Stag- nation und
Variation in seichte Gefilde der Hyperästhetik technischer Raffinesse
natürlich zu merken. Die extreme Ablehnung eines Attentäters, der die
drei frühen Werke in der Rosenkranzkirche von Hetzendorf zerschnitt und
die Angriffe auf die Umgestaltung der Otto-Wagner- Villa in Hütteldorf in
ein Fuchs-Museum sind weit überzogen und lassen produktive Kritik
vermissen, aber die normale Einschätzung der "Wiener Schule der
Phantastischen Realisten" wird sicher noch eine Weile auf sich warten
lassen. Einstweilen sollte diese Schau aber mit ihren ersten vier bis fünf
Räumen wieder klar machen, dass die ersten Jahrzehnte nach dem Krieg wie
die Pariser Zeit des Ernst Fuchs eine Menge zu bieten haben, was
hierzulande schon wieder verdrängt wurde.
Erschienen am: 09.08.2001 |
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