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Kunstberichte
Alles Weiler: Tirol feiert den 100. Geburtstag seines einstigen Skandalkünstlers

Die Nähe der Höllenfarben

Großformatige Farbgestöber im Landesmuseum: Im Vordergrund Max 
Weilers "Ohne Titel (Naturgewalten)" von 1966. Foto: Tiroler 
Landesmuseum

Großformatige Farbgestöber im Landesmuseum: Im Vordergrund Max Weilers "Ohne Titel (Naturgewalten)" von 1966. Foto: Tiroler Landesmuseum

Von Krista Hauser

Aufzählung Rund ein Dutzend Bücher, stapelweise Kataloge, TV-Porträts, Ausstellungen von Moskau und Mexiko bis Peking. Gibt es da noch irgendetwas Unentdecktes, Unerforschtes in der Rezeption Max Weilers? Die Antwort: die Ausstellung "Die großen Werke" im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck zum 100. Geburtstag des Malers, der wie kein anderer die zeitgenössische Kunst in Österreich populär gemacht hat.

Der Titel der Schau ist wörtlich zu nehmen, denn Weiler bewältigte gewaltige Dimensionen. 1000 Quadratmeter Kunst im öffentlichen Raum tragen seine Handschrift, und dafür brauchte es jeweils intensive Vorarbeiten. Sie stehen immer im Kontext bestimmter Schaffensperioden, dokumentieren den Wandel von der expressiven, figurativen Kunst der Frühzeit bis zu den letzten abstrakten Malereien.

Die Neugierde der Besucher wecken natürlich in erster Linie Skizzen und Entwürfe zu den bekannten Arbeiten, zu den Fresken in der Theresienkirche auf der Hungerburg und dem Bahnhof in Innsbruck – auch wenn Erstere schon 2001, knapp nach Weilers Tod, in der Taxisgalerie ausgestellt waren. Endlich kann man die "Höllenfarben" wieder ganz nahe sehen, die Kreuzigung à la Tirol, den Knecht, der die Lanze in das Herz Jesu stößt, die wehende Schützenfahne.. .

Mitnichten ein Märtyrer

Oder auch die gesichtslosen Freiheitskämpfer der Fresken vom Bahnhof. Haben sie in ihrer gebückten Haltung vielleicht Unanständiges vor? Nicht nur die Vox populi tobte, auch Rom demonstrierte seine Macht. Weiler verhängte die sakralen Werke, er wurde zum "Skandalkünstler". Dieses Image trug zwar ein bisschen zu seinem Erfolg bei, machte ihn aber außerhalb des Landes, vor allem in den späten Jahren in Wien zum Märtyrer aus dem finsteren "Herrgottswinkel Tirol".

Mit diesem Klischee wird in der Schau aufgeräumt. Gewiss: Max Weilers Verletzungen waren tief, doch er war seit den 50er Jahren der Star seiner Heimat und blieb es bis zu seinem Tod. Er hatte Sammler, porträtierte Politiker und prominente Freunde, gewann Wettbewerbe und bekam viele öffentliche Aufträge für Kirchen und Schulen, die Universitätsklinik, die technische Fakultät.. .

Die wohl bedeutendste Arbeit in Tirol schuf er 1967 für das Landestheater. Rund zehn mal zwölf Meter misst der Eiserne Vorhang, an dem Weiler bald nach seiner Berufung an die Akademie in Wien zu malen begann. Was sich auf dem höchst dramatischen Gemälde mit dem blutigen Schicksalsrad, der dunklen Sonne und den "Landschaftstrümmern" abspielt, hat er knapp formuliert: Es ist "Wie eine Landschaft". So lautete auch der Titel jener Werkphase, die als Weilers wesentlicher Beitrag zur zeitgenössischen internationalen Kunst gilt.

Nicht immer hat der konsequente, eigenwillige Meister bei Wettbewerben für Musentempel Glück gehabt. So siegte etwa 1954 Rudolf Eisenmengers Entwurf für den Eisernen Vorhang der Wiener Staatsoper – ein Werk, das heute hinter zeitgenössischen Arbeiten versteckt wird.

Salzburger "Symphonie"

Salzburg, wo Weiler trotz der Einladung Clemens Holzmeisters bei der Ausgestaltung des neuen Festspielhauses nicht zum Zug kam, leistete dagegen Wiedergutmachung. Die Mozart-Hommage "Wie eine Symphonie", ein monumentales Auftragswerk für die Landesausstellung 1991 auf Schloss Kleßheim, hängt heute im Karl-Böhm-Saal der Festspiele.

Aufzählung Ausstellung

Max Weiler Die großen Werke. Fresken, Mosaike, Gemälde – Vom Entwurf zur Ausführung.
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck
Bis 31. Oktober



Printausgabe vom Freitag, 06. August 2010
Online seit: Donnerstag, 05. August 2010 16:23:00

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