Seine Frau
habe protestiert, als sie ihm einmal bei der Arbeit half und dabei
George Clooney übermalen musste, berichtet Hannes Mlenek und lacht.
Schließlich haben er und seine Kunst gewonnen. Für das bisher größte
Projekt seines mit Superlativen sowieso nicht sparsamen Werks musste er
auch mit alten Werbeplakaten arbeiten, mit Vinylnetzen, um die
unglaublich Fläche zu bewältigen: Insgesamt 2700 Quadratmeter
expressive, zeichenhafte Malerei in Schwarz, Weiß und Rot mussten
erdacht, erschaffen und schließlich im Freien, im Grenzgebiet zwischen
nördlichem Waldviertel und südlichem Tschechien aufgelegt und fixiert
werden. 600 Kilo Farbe hat Mlenek insgesamt verbraucht. Eine 2200
Quadratmeter große Halle in der Wiener Ankerbrotfabrik hat er gemietet
und dort seit Mai ohne Pause gemalt. 4500 Hering-Stifte mussten zum
Fixieren in den harten Boden geschlagen werden – „eine
Marathongeschichte bis zum Schluss“, seufzt Mlenek.
Inspiriert
von Scharrbildern in Peru. Jetzt ist er fertig, er hat seinen ganz
persönlichen „Grenzgang“ geschafft – und ist „sehr zufrieden, es ist
optisch toll geworden“. Am 10. Juli wird „Airfield Transboundary“ im
Rahmen des niederösterreichischen „Viertelfestivals“ eröffnet.
Erfahrbar, überhaupt erkennbar, sind die Motive der fünf in der
Landschaft verteilten Bildflächen allerdings nur aus der Luft. „Sonst
hat man nichts davon“, meint Mlenek. „Man wird zum Passagier.“ Eine
Anregung für diese „andere Sehweise“ waren die berühmten, ebenfalls nur
aus der Luft erkennbaren Scharrbilder von Nasca in Peru.
Drei viersitzige Motorflugzeuge stehen zur Besichtigung der Waldviertler Variante auf dem Flugplatz Dobersberg bereit; weitere können bei größerer Nachfrage angefordert werden. Ein Rundflug dauert etwa eine halbe Stunde und kostet 60 Euro pro Person. Über jedem Motiv werden zwei Kreise gezogen, dann zeigt ein durch und aus dem Bild laufender „roter Faden“ dem Piloten an, in welche Richtung es weitergeht. Mlenek hofft zusätzlich auf „viele Freizeitpiloten“.
Diese können Positionen anfliegen: eine in Tschechien bei einem Schloss, eine direkt an der Grenze, die restlichen drei im Waldviertel, eine Skipiste in Drobersberg, die Libnitzmühle und einen Steinbruch. „Die Bilder hängen alle thematisch zusammen – ich habe mich mit der Region beschäftigt.“
Doch was genau ist auf ihnen zu sehen? Mlenek, der sonst an der
Grenze zur Abstraktion arbeitet, wurde hier nicht nur stilistisch
konkreter, sondern auch inhaltlich. Die Motive können durchaus auch
politisch gelesen werden. An der Grenzlinie entlang wandern sechs Hände
auf rotem Grund: Sie spazieren, springen, heben ab. Auf der
tschechischen Seite greift eine überdimensionale Hand einen
Schach-Bauern: „Diese Region ist eben nicht gerade auf der
Sonnenseite“, so Mlenek. „Auch das nördliche Waldviertel ist nicht
sonderlich bevorzugt. Hier sieht man einen riesigen Fuß, der einen Turm
wegkickt. Es soll der Eindruck erweckt werden, dass hier stark von oben
herab gehandelt wird – politisch und religiös. Die Kirche hat hier noch
sehr viel Einfluss auf die Volksmeinung.“
Ein Hermes mit
Schere in der Hand. Im Allgemeinen hat Mlenek Motive gewählt, die er
stark vergrößern konnte, vor allem Körperteile. Nur ein ganzer Körper
ist dabei: Auf der Skipiste liegt, 50 Meter lang, 20 Meter breit, ein
Hermes – „ich wollte die Brücke zum Fliegen schlagen“, erklärt Mlenek.
In einer Hand hält der geflügelte Götterbote aber auch eine Schere,
symbolisch für die Grenze, die eigentlich gefallen ist. Aber auch für
die Trennung an sich: „Es hat sich in den Köpfen nicht viel verändert,
die Leute bleiben trotzdem auf Distanz.“
Im Steinbruch erkennt man eine Hand, die einen Bogen spannt: Einerseits ein mythologisches Motiv – andererseits hat in dieser Gegend die Jagd noch einen festen Platz in der Bevölkerung, erklärt Mlenek. Apropos sammeln und jagen – was nach Projektende mit den riesigen Malereien passiert, ist noch nicht klar. Jedenfalls wird sich ein großes Lagerproblem ergeben, meint Mlenek. Eine (noch geheime) Idee hat er aber schon.