Salzburger Nachrichten am 12. November 2005 - Bereich: Kultur
Theater der Bilder

In der Salzburger Ausstellung "Simultan" zeigt Kurator Urs Stahel nicht nur zwei Foto-sammlungen. Er inszeniert Themen der Fotokunst in sieben Kapiteln.

KARL HARBSALZBURG (SN). Seit 1981 bildet, dank der Initiative des Gründungsdirektors Otto Breicha und der (Weiter-)Arbeit der Kuratorin Margit Zuckriegl, die Fotografie einen Schwerpunkt der Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit des Museums der Moderne (Rupertinum). Rund 15.000 Fotoarbeiten sind heute im Besitz der Institution, und die zwei entscheidenden Sammlungen, jene des Landes und jene des Bundeskanzleramtes, bilden dazu den Grundstock.

Aus diesem Fundus schöpft derzeit eine faszinierende Ausstellung, die Urs Stahel, Leiter des Fotomuseums Winterthur, mit einem Blick "von außen" gesichtet hat und in sieben Kapiteln spannend und erkenntnisreich neu inszeniert.

Es geht dabei nicht um eine fotografiegeschichtliche Aufarbeitung, sondern um thematische Blickwinkel, die als einen ersten (sehr österreichischen) Kern das Moment des Theatralischen erfassen. Ausgangspunkt: der Wiener Aktionismus. So, wie die Wiener Aktionisten ihr Werk als Körper-Theater betrachteten, das es zu dokumentieren galt, um es vor der Vergänglichkeit des Augenblicks zu bewahren, so arbeiten viele Fotokünstler der jüngeren und jungen Generation mit ihrer "inszenierten" Wirklichkeit. Sie stellen Szenen für die Kamera, wobei oft das Irreale oder Surreale als neue Wirklichkeit ausgegeben wird. Hier findet die Fotografie buchstäblich eine neue "Erzählhaltung". Sie schafft sich ein eigenes Theater.

Geschlecht, Körper, Identität ist ein zweiter, damit eng zusammenhängender Themenschwerpunkt. Das (eigene) Bild der Frau spielt dabei eine entscheidende Rolle. In der Pose der Darstellung prägt sich - neues - Selbstbewusstsein aus, das die Normen gesellschaftlichen Verhaltens radikal und provozierend befragt: ein Theater der Figur.

Ein drittes Element ist das Bilder-Spiel mit dem eigenen Medium. Dadurch entsteht eine eigenwillige Sprache über Bilder, eine mediale Befragung der eigenen Technik, ein Spiel im Spiel. Die Fotografie blickt sich quasi selbst medial ins Auge.

Von hier zweigt wie selbstverständlich die "erweiterte" Fotografie ab, die sich als Teil einer über ihren Rahmen hinausgehenden Inszenierung begreift, wo "Fotografie" nur mehr ein Part im (Gesamtkunst-)Werk ist.

Die topografische Befragung des "Landes" (und der "Landschaft") liefert schließlich als letztes Element - vor einem Blick in eine offene Zukunft - endlich einen konkret ortbaren Österreich-Bezug.

Repräsentanten dieser Haltungen sind (beispielhaft unter 100 Repräsentanten): Rudolf Schwarzkogler, Lois Renner, Paul Albert Leitner, Valie Export, Maria Hahnenkamp, Günther Selichar, Peter Weibel, Manfred Willmann. Jeder mag für sich auf Entdeckungsreise gehen. Die famose Ausstellung, souverän inszeniert, lässt sich mit einem Mal ohnedies nicht "ausschauen".