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Eine Aktie mit steigendem Wert

Die Zukunft des Schwazer Haus der Völker ist ungewiss: Sicher ist, dass sich Gert Chesi in spätestens zwei Jahren verabschiedet.

TT: Es ist nun fast ein Jahr seit Ihrer Ankündigung vergangen, sich in zwei Jahren aus dem Haus der Völker zurückzuziehen. Hat sich an dieser Absicht etwas geändert?

Chesi: Prinzipiell nicht. In den nächsten zwei Jahren werde ich mich mit Sicherheit vom Haus der Völker verabschieden. Unklar ist allerdings, ob ich einen Nachfolger finden werde oder ob es zur Auflösung des Museums kommt. Es gibt einige Optionen, welche zum Tragen kommt, ist offen.

TT: Wie schauen diese Optionen aus?

Chesi: Es gibt bereits konkrete Angebote von Auktionshäusern, die meine Sammlung kaufen wollen.

TT: Das würde aber die Zerschlagung der Sammlung bedeuten.

Chesi: Ja, ein Haus der Völker in der jetzigen Form würde es dann schon sehr bald nicht mehr geben. Man könnte das Museum allerdings auch ohne Sammlung weiter führen, indem man daraus etwa ein Museum der Sammler ethnologischer Kunst macht. Das könnte im überregionalen Kontext, wenn die Bewerbung und die Inhalte stimmen, gut funktionieren.

TT: Wie man hört, war bereits der Inhaber der Wiener Kunstauktionen, Otto Hans Ressler, im Haus der Völker, um die Sammlung zu schätzen.

Chesi: Das stimmt, ich will aber, dass weder ein potenzieller Käufer noch ich als Verkäufer die Sammlung schätze. Deshalb habe ich mit dem Sachverständigen der Bayrischen Landesregierung für ostasiatische und afrikanische Kunst einen unabhängigen Experten mit der Schätzung meiner Sammlung beauftragt. Das wird im August sein. Mit seinen Zahlen wird man dann konkret diskutieren können.

TT: Wie schaut das Interesse von Seiten der Stadt Schwaz bzw. des Landes Tirol an einem Weiterbestand des Haus der Völker in der jetzigen Form aus?

Chesi: Da gibt es selbstverständlich Interesse. Der Schwazer BM Lintner bekundet bei jeder Gelegenheit sein Wollen, das Haus der Völker, so wie es ist, in Schwaz zu erhalten. Um mir die Sammlung abzukaufen, dazu fehlen der Stadt allerdings die Mittel. Denn um sie zu verschenken, bin ich nicht reich genug.

TT: Wie geht es weiter?

Chesi: BM Lintner war kürzlich in Wien und hat mit Staatssekretär Morak über das Haus der Völker gesprochen, der auch Frau Minister Gehrer für unsere Probleme sensibilisieren will. Lintners Vision wäre, dass der Bund bzw. das Völkerkundemuseum die Sammlung kaufen und der Stadt Schwaz leihen. Das sind allerdings Spekulationen, von denen ich nicht glaube, dass sie realisierbar sind.

TT: Und wie schaut es mit dem Land Tirol aus?

Chesi: Auch das Land könnte die Sammlung kaufen und Schwaz leihen. Ende August gibt es diesbezüglich ein Gespräch mit dem Landeshauptmann.

TT: Angesichts der Knappheit der Kulturmittel wird dies allerdings schwierig sein.
Chesi: Ich gebe allerdings zu bedenken, dass der Kauf meiner Sammlung eine Investition in die Zukunft ist, sozusagen eine Aktie, die ständig an Wert zunimmt.

TT: Auch ein Umzug nach Innsbruck war einmal im Gespräch. Noch immer?

Chesi: Diesbezüglich gibt es derzeit keine Perspektiven. Eine solche bahnt sich aber vielleicht in Zusammenarbeit mit der Firma Swarovski an. Sie plant ein Wattener Heimatmuseum auf archäologischer Basis, in das eventuell die Archäologie anderer Länder einbezogen werden soll. Hier sind wir auch Gesprächspartner.

TT: Das Haus der Völker ist Ihr Lebenswerk. Würde Ihnen nicht das Herz bluten, wenn es unterginge?
Chesi: Inzwischen nicht mehr. Für mich ist heute der größtmögliche Luxus die Freiheit von Bindungen jeder Art, von Menschen genauso wie von Dingen.
2003-08-01 14:47:33