16.05.2003 21:11
Als politisches Projekt
Erstmals
in Österreich: Große Werkschau des US-Foto-Künstlers Allan Sekula in Wiens
Generali Foundation
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Wien - Fotografien als Sequenzen einer erzählten
Geschichte, Kunst als politisches Projekt, Dokumentation als Kunst. Bei dem
amerikanischen Künstler Allan Sekula, der zugleich auch als Theoretiker bekannt
ist, steckt hinter den Fotos mehr, als man mit dem Auge sehen kann. Die
Fotosequenzen, die sich vor allem mit gesellschaftspolitischen Themen
beschäftigen, sind als Performances zu begreifen, als Aktionskunst. In der
Wiener Generali Foundation wird erstmals in Österreich eine große Retrospektive
der Arbeiten aus den 70er Jahren bis zur Gegenwart gezeigt.
"Meat
Mass"
Sabine Breitwieser, die Kuratorin, betont mit der Ausstellung
"Performance under Working Conditions" den Aspekt des Performativen in der
Arbeit des Künstlers, den sie nicht als reinen Fotografen verstanden wissen
will. In den 60er Jahren hatte der 1951 in Pennsylvania geborene Sekula als
Student mit aktionistischer Kunst als Protest gegen den Vietnam-Krieg auf sich
aufmerksam gemacht.
Aus Aktion wurde schnell Dokumentation: Frühe
Arbeiten wie "Meat Mass" (1972) und "Two, three, many... (terrorism)" (1972)
zeigen Sekula, wie er im Supermarkt Fleisch klaut, um es auf dem Highway unter
die Räder der Autos zu werfen, oder wie er mit Strohhut und Maschinengewehr
ausgestattet durch amerikanische Vorgärten robbt. In Sekulas ausgefeilter, sich
selbst aber zurücknehmende Fototechnik erwecken die Bilder den Eindruck von
Film-Stills.
Trias von Bibliothek, Kino und
Bildergalerie
Später arbeitete Sekula sowohl als Theoretiker als auch
als Künstler an der Neuerfindung der Dokumentation. Seine Themen entwickelte er
aus konkreten Lebenssituationen und aktuellen gesellschaftspolitischen
Ereignissen. Häufig bildet er Fischmärkte und Häfen ab, aber auch
Computer-Schulen und Verkaufsräume. "Als Form interessiert mich die Trias von
Bibliothek, Kino und Bildergalerie am meisten", erläuterte Sekula am Donnerstag
beim Pressegespräch.
"Die Werke sind ein Widerstand gegen das
augenblickliche Verständnis. Man muss sich die Zeit nehmen, die man einer
Kurzgeschichte widmen würde, um sie zu verstehen." Demgemäß ergänzt Sekula die
Fotografie um das Medium des Textes und/oder der Tonspur oder arbeitet gleich
mit Video ("Tsukiji", 2001).
Trauer spiegelt sich in den Gesichtern der
Fischer von Galizien wieder, die Sekula in "Black Tide / Marea negra" von 2002 -
03 beim Anblick der ölverpesteten Strände festgehalten hat. Sekula: "Das
Theaterhafte ist dem täglichen Leben immanent. Deshalb habe ich die Katastrophe
in Galizien wie eine erfundene Oper behandelt, die als meine utopische Fantasie
in 30 Jahren spielt, der Zeit, in der die Folgen des Tankerunglücks vergangen
sein sollen." (APA)