Nachbeschmutzt, nicht ausgebessert

16. Juni 2010, 19:18
  • Artikelbild: Mit Einschusslöchern übersäter Wrestler mit Maske: Klaus Schuster "beschmutzt" Aufnahmen aus der "Schmuddelecke" (o. T., 2008) - Foto: Galerie Strickner

    Mit Einschusslöchern übersäter Wrestler mit Maske: Klaus Schuster "beschmutzt" Aufnahmen aus der "Schmuddelecke" (o. T., 2008)




Wieso uns etwas als schmutzig gilt, zeigt Klaus Schuster in seiner Ausstellung "Dirt is matter in the wrong place" in der Galerie Strickner mit dem Mittel der Retusche auf

Wien - Mit 59 seiner gemusterten Gemälde hat Klaus Strickner eine Wand der Galerie Strickner in eine Fototapete verwandelt, um darauf seine retuschierten Fotografien zu präsentieren. Es sind Abbildungen mit einschlägigem Hintergrund, denn er hat sie vornehmlich in Porno- oder Wrestling-Magazinen gefunden. Dass auch Letztere in der "Schmuddelecke" zu Hause sind, hängt mit dem Style der Wrestler zusammen; ihre Ledermasken rücken sie in die Nähe der S/M-Kultur.

Ein Hintergrund, den Schuster noch steigert: Einige Protagonisten übermalt er, und so wachsen einem posierenden Wrestler riesige Brüste, während der nackte Oberkörper eines anderen mit Einschusslöchern übersät ist. Neben den Wrestlern hat sich Schuster in der Reihe Clean Hands and Dirty Hands aber auch Pornodarstellungen angenommen, die er mit malerischen Eingriffen ebenfalls deformiert: Gesichter werden gemorpht, verlieren Augen und Münder, Hände wachsen mit Oberkörpern zusammen, aus Nasen wuchern Rüssel, und Brüste werden zu Stelzen, die zusammengekauerte Körper stützen.

Alles, was als schmuddelig durchgehen könnte, wurde von Schuster zusätzlich mit "Schmutz" überlagert und dadurch im Grunde aus den Bildern entfernt. Dass er in seiner Kunst ohne Berührungsängste mit dem sozial Randständigen, Deformierten, nicht Regelkonformen agiert, zeigen auch seiner Musterbilder, die in der Ausstellung als Bildträger dienen: Auf den ersten Blick erinnern sie an traditionelle Muster für Textilien, die er in Form eines bunten Quilts präsentiert.

Erst bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass Schuster auch in die einzelnen Teile kleine Fehlstellen, Ausläufer und Unregelmäßigkeiten eingebaut hat. Diese geben den in ihrer zusammengeflickten Form extrem verletzlich wirkenden Körpern einen äußerst gelungenen gemeinsamen Kontext und Zusammenhalt. (Christa Benzer / DER STANDARD, Printausgabe, 17.6.2010)

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