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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
21. Oktober 2009
19:51 MESZ

Momentum, Schleifmühlgasse 1, 1040 Wien. Bis 7. 11.

 


Überraschender, aber einfacher Effekt, eingefangen im Alltag: In der Serie "Echo" fotografierte Miklos Gaál das schlingernde, zwischen zwei Fenstern eingeschlossene Wasser.

 


Verwischende Momente des Alltags
Ausgewählte Arbeiten von Miklos Gaál, einem der wichtigsten Vertreter der jungen finnischen Fotografie, in der Galerie Momentum in Wien

Manchmal vermag eine einzige Linie den Blick zu fesseln. Im Fall von Miklos Gaáls 20-teiliger Fotoserie "Echo" ist diese tanzende Linie - eine Art Objet trouvé - obendrein Gevatter Zufall zu verdanken.

Miklos Gaál (geb. 1974), der zu den wichtigsten Vertretern der jungen finnischen Fotografie zählt, ist derzeit mit einer Auswahl seiner Arbeiten in der auf aktuelle Fotografie fokussierten Galerie Momentum zu sehen.

Während einer Busfahrt wurde Gaál Zeuge dieses minimalen, aber faszinierenden Linienspiels. Zwischen zwei Scheiben hatte sich Wasser gesammelt, das vom fahrenden Bus in Schwingung versetzt wurde. Ein Tanz, der in spannungsvollen Dialog mit dem urbanen Liniengerüst vor den Fenstern tritt, der Zebrastreifen energisch durchkreuzt oder Gehsteigkanten und Schaufensterfassaden harmonisch umsäuselt: "Man kann überraschende Effekte erzielen, wenn man einfach und wahrhaftig bleibt."

Die Unschärfe ist der ständigen Bewegung gezollt, verleiht den Bildern aber eine malerische Qualität, die durch die Reduktion auf Flächen und Linien von abstrakter Natur ist. Besonderen Charme erhält die Serie Echo, die zu Gaáls schnellen Arbeiten, seinen "Snapshots" zählt, durch ihre bescheidene, aber reizvolle Installation: Knapp über der Bodenkante werden die Dias an die Wand geworfen, wodurch sich Betrachterperspektive und ursprünglicher Blickwinkel Gaáls überlagern.

"Schnell" sind diese neuesten Arbeiten, weil Miklos Gaál mehr für seine sehr überlegten, langsamen und überwiegend großformatig präsentierten Fotografien bekannt ist: Ihn interessieren alltägliche Szenen wie bevölkerte Strände und Straßen, die er von extrem überhöhten Standpunkten aus einfängt. Außergewöhnlich sind die Aufnahmen aufgrund ihrer Wirkung, wähnt der Betrachter sich doch vor Modell-Landschaften mit Spielzeugfiguren und nicht vor der Realität selbst. Gaál erzeugt diesen Effekt einerseits durch die Perspektive, andererseits durch eine fotografische Methode, die die Variation der Schärfentiefe in ein und demselben Bild ermöglicht. Verwischende Unschärfeeffekte, mit denen einst auch Alfred Stieglitz zu beeindrucken vermochte. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.10.2009)

 

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