13.10.2002 21:31
Kartografie der Gewalt
"Waiting
for Tear Gas" von Allan Sekula bei Camerata Austria in Graz
Ein Zwischenresümee wird aus einer langjährigen
Zusammenarbeit gezogen, Allan Sekula wird mit dem Camera-Austria-Preis
2001 bedacht und das Publikum mit seiner Dia-Installation "Waiting for Tear Gas
[white globe to black]", aufgenommen 1999 inmitten und am Rande
globalisierungskritischer Proteste in Seattle. Was dem "kartografischen Blick",
wie ihn Christine Buci-Glucksmann beschreibt, an Perspektive und Kontext abgeht,
holt er durch Exaktheit auf.
Ähnlich funktioniert das In-Serie-Schalten
der 81 Projektionen Sekulas: Das Einzelbild mag perspektivisch konstruiert und
damit schon inhaltlich vereinnahmt sein, die Serie aber glättet jegliches
Begehren nach dem einzelnen, "wahren" Blickpunkt, die Zusammenstellung gerät zur
Aufzeichnung wirtschaftspolitischer Effekte auf abstraktem Niveau. Sein Konzept,
kein "definitives Bild dramatischer Gewalt" zu liefern, hindert Sekula nicht,
der Kartografie einen kritischen Standpunkt nachzuweisen. (trag/DER STANDARD,
Printausgabe, 14.10.2002)