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09. Jänner 2007
13:17 MEZ
Foto: AP/JOCKEL FINCK

Andre Heller wünscht sich roten Kulturminister
Der Künstler will das Amt selbst aber nicht übernehmen: "Bin einer, der selten vor 12 Uhr aufsteht und am liebsten auf Reisen lebt"

Wien - Der Allround-Künstler Andre Heller rechnet nach der Wahl mit einem sozialdemokratisch geführten Kulturministerium: "Ich gehe bei einer sozialdemokratisch geführten Regierung davon aus und habe Gusenbauer nie anders positioniert erlebt. Ich glaube, es muss zum Beispiel und neben vielem anderen eine Neuordnung der Herrscherfiguren in der Museumslandschaft geben. Ich persönlich fände es wesentlich, dass die Museumsagenden zum Kulturministerium kommen. Aber bei alldem muss man sagen: Ich bin nicht im Geringsten der Klassensprecher der SPÖ."

"Viele Menschen wollen es nicht werden"

Auf die Frage, wen er für den kompetentesten Kulturminister halte, antwortet Heller: "Viele Menschen, die einem einfielen, wollen es nicht werden. Wir hatten das Thema ja schon bei der letzten Wahl. Rudolf Scholten zum Beispiel könnte das, aber er hat mit seinem Leben anderes vor. Ich habe bei der letzten Wahl leidenschaftlich versucht, Peter Huemer dafür zu interessieren, er hat das aber aus persönlichen Gründen klar mit einem Nein beantwortet."

Heller selbst wird auch stets als Kandidat gehandelt, wehrt jedoch strikt ab: "Das wäre völlig unmöglich! Ich könnte niemals in einer Koalition im Ministerrat sitzen - abgesehen davon, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass man wegen mir den Ministerrat nach Italien oder Marokko verlegen würde. Ich bin ein viel zu anarchisches Wesen, einer, der selten vor 12 Uhr aufsteht und am liebsten auf Reisen lebt. Ich will es mir nicht entscheidend verschlechtern, denn ich habe klare Projekte, die ich für mein Lernen brauche, in den nächsten sieben, acht Jahren! In den 70er Jahren hätte ich das gerne gemacht - aber da hat mich klarerweise niemand gefragt."

Stattdessen beschreibt Andre Heller das Anforderungs-Profil für den Job: "Jemand, der zwischen 40 und 50 ist, der es liebt, sich mit der schwierigsten und undankbarsten Klientel, die es überhaupt gibt, in täglich neue Expeditionen in das Herz der Neugier, der Widersprüchlichkeit, der Beförderung des Möglichen und des Unmöglichen einzulassen. Der Kulturminister braucht besonders gute Nerven und steht beim Feuilleton unter Dauerbeobachtung - und es warten große Aufgaben auf ihn. Die Präsentmachung von Kultur etwa, die in der Ära Schüssel völlig verdrängt wurde zu Gunsten der Unkultur, das Sperrige braucht wieder mehr Liebe. Dann einige entscheidende Postenbesetzungen, etwa in der Staatsoper. Und der österreichische Film, der auf dem Sprung zu einer Weltpräsenz ist, muss so viel Geld und infrastrukturelle Förderung wie möglich erhalten. Die Prioritäten haben sich ganz klar vom Theater zum Film verschoben."

"Wahlkampf der Unkultur"

In Retrospektive meint Heller: "Was wir erlebt haben, war ein Wahlkampf der Unkultur. Meine Hoffnung und die von hunderttausenden anderen ist die, dass eine Eleganz der Gedanken und der Taten stattfinden könnte. Die ganze Ära Schüssel/Haider war geprägt von einer Grobheit gegenüber den sozial Schwächeren, einer Grobheit gegenüber den Chancen der Jungen, einer Grobheit gegenüber denen, die gesundheitliche Probleme oder Pensionsprobleme haben. Auf der anderen Seite stand durch das zweimalige Sponsern einer Gruppierung, die nicht bereit ist, Lehren aus der Geschichte zu ziehen, eine unendliche Grobheit gegenüber dem, was man die Seele eine Landes nennen kann."

Weiter resümmiert Heller: "Man darf nicht vergessen: Schüssel war ja so nebenbei Kulturminister!", so Heller, "Der Hauptexponent dieser Unkultur war die ganze Zeit Kulturminister und hatte ein Beiwagerl, das sich meistens in der Garage versteckt hat, weil es Angst haben musste, unter seine Klientel zu gehen, weil die Ablehnung seiner Politik zu Recht so massiv war, dass Morak sich naturgemäß auf einem Trachtenfest mit Ziehharmonikerbegleitung wohler fühlte als etwa auf einer Versammlung von schreibenden, denkenden Menschen, innovativen Theaterleuten oder international orientierten Filmschaffenden." (APA)


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