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07.11.2003 - Kultur&Medien / Ausstellung | ![]() |
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Ausstellung: Linien durch den Körper | ![]() |
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Als "Werkumkreisung" zeigt die Albertina das mannigfaltige Schaffen des Günter Brus. | ![]() |
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D Dabei ist nicht der Kreis, sondern die Linie verbindendes
Element von Brus' Werk. Leitmotivisch führt sie von informellen Ansätzen
über die aktionistischen, früh schon die Selbstaggression thematisierenden
Körperbemalungen (genau genommen: "Körperbezeichnungen") der Sechziger hin
zu einem immensen zeichnerischen OEuvre. Von Anfang an der Verweis auf die
Schrift - manche der frühen Zeichnungen wirken fast kalligraphisch.
Explizit wird die Verbindung ab 1970, als Brus mit dem "Irrwisch", einem
flirrenden, 136 starken, durchgehend mit der Hand geschriebenem und
gezeichneten Roman, den Schritt von der Aktion zur klassischeren Kunstform
tut. Das Originalmanuskript ist im Zentrum der Schau auf 68 Eisenständern
ausgebreitet. Kein Zufall, dass Brus sich schon als junger Künstler besonders für Schieles linearen Expressionismus interessiert. Das zeigen die im Stil ähnlichen Entwurfszeichnungen zu den anfangs nur filmisch und fotografisch umgesetzten Aktionen, die Brus mit seiner Frau Annie realisierte: Als wollte er Schieles Kunst weiterführen, wird der den Körper konturierende Strich nun umgedeutet zur Linie auf dem - und zunehmend auch: durch den Körper. Sowohl in die Zeichnungen wie auch die Aktionen integriert er bald Rasierklingen oder Heftklammern als Metaphern der Zerstörung. Beim "Wiener Spaziergang" im Juli 1965 geht Brus über und
über weiß bemalt durch die Innenstadt. Eine schwarze, wie eine Narbe vom
Schädel bis zum Schuh verlaufende Linie scheint den Körper zu spalten. Ab
nun finden die Aktionen auch vor Publikum statt, häufig mit Mühl, Nitsch,
Schwarzkogler, auch Rühm, Wiener, den Fluxus-Leuten. Der Wiener
Aktionismus hat sich formiert. Einigkeit besteht in der Kritik an einem
muffigen, intoleranten Gesellschaftsklima. "Körperanalysen", bei denen
erbrochen, gekotet, uriniert und onaniert wird, sind Ausdruck dieses
Ekels. In die Annalen eingegangen ist die öffentliche Aktion "Kunst und Revolution" ("Uniferkelei") 1968. Brus, Mühl und Wiener werden verurteilt, sie entziehen sich der Haft durch Flucht nach Berlin. Die Feme und das Gefühl, als Künstler von der Gesellschaft verachtet zu werden, führen bei Brus zur Radikalisierung seiner Kunst, die Aktionen werden noch extremer, früher angedeutete Verletzungen finden real statt. Farbe wird durch Blut und Exkremente ersetzt. Geburt, Leben, vor allem Tod sind wiederkehrende Themen. Zum letzten Mal stellt Brus seinen Körper 1970 auf eine "Zerreißprobe". Um weiterleben zu können, ist das Ende des performativen Aktionismus für ihn unumgänglich. Dass Brus seine künstlerischen Ideen in der Folge auf ein
anderes Medium transferieren musste, ist eine zentrale These der
Ausstellung. Er konzentriert sich nun auf Zeichnung und Sprache. Kreiden,
Feder, Stifte sind ihm Werkzeuge. Unter dem Eindruck von Grenzgängern wie Artaud, Wölffli,
Goya entwickelt er "Bild-Dichtungen", wobei er Text und Bild nie
illustrativ nebeneinander stellt, sondern aus der Symbiose eine spezielle
Aura entstehen lässt. Eine gute Auswahl davon bildet die zweite Hälfte der
Ausstellung. Sie erweitert die Direktheit der aktionistischen Werke um
etwas Feines, Sublimes. Ein wichtiges Element der "Bild-Dichtungen" ist
die Auseinandersetzung mit Kultur, als Bildungsgut, Wissenschaft,
Massenmedium. So befasst er sich 1978/79 in einem 64teiligen Block mit
Schrekers Oper "Die Gezeichneten". Eine fulminante Farb-arbeit huldigt dem
Lippenstift, eine andere der Gegenwelt des Traums. Manche dieser Arbeiten
kommen psychologisch, andere psychoanalytisch oder philosophisch daher.
Doch wirklich auf eine Interpretation festnageln lässt sich Brus nicht.
Auch nicht mit 65. Bis 8. Februar. Dann wandert die Schau an die Neue
Galerie Graz, ins Kunsthaus Zug und nach Bologna. |
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