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12.09.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
The show must go on!
VON JOHANNA HOFLEITNER
56. Auktion "Im Kinsky". Mutiger Schätzpreis für eine Krumau-Ansicht Egon Schieles.

Z
war ist es noch eine Weile hin bis zur nächsten Kunstauktion "Im Kin sky" (ehemals "Wiener Kunstauktio nen"). Aber - the show must go on. Die Werbetrommel für die 56. Kunstauktion wird schon fleißig gerührt. Der "Teaser" heißt Egon Schiele, Plakate mit einem mehr als vierfachen Blow-Up seines Ölgemäldes "Stadtansicht von Krumau" aus der wichtigen Phase 1911/1912 sind seit einigen Tagen auf den Werbeflächen rund ums Kinsky-Palais affichiert. In den Zeitungsredaktionen trudelte das Sujet gerollt als Poster ein, persönlich überreicht von einem Boten.

Schiele ist eingespannt als Zugpferd für die Auktion "Alte Meister und Gemälde des 19. und 20. Jhdts." am 11. Oktober - nur wenige Tage nach der ebenfalls auf Alte Meister sowie Zeichnungen und Druckgrafik, Skulpturen, Glas und Porzellan ausgerichteten dritten Auktionswoche des größeren innerstädtischen Konkurrenten Dorotheum.

Der Mehrwert, auf den "Im Kinsky" setzt: Während Papierarbeiten von Egon Schiele bei heimischen Auktionen vergleichsweise einfach zu bekommen sind, finden sich Gemälde des österreichischen Expressionisten äußerst selten. Den letzten vergleichbaren Deal wickelte das junge Auktionshaus vor sieben Jahren selbst ab: Im Juni 1998 gelangte Schieles lebensgroßer Akt "Mädchen (Jungfrau)" von 1917 unter den Hammer. Das ungewöhnliche Werk wurde zum Leckerbissen für Rudolf Leopold, der sich mit Schützenhilfe des Denkmalamts, das eine Ausfuhrsperre verhängt hatte, und einem nachgebesserten Angebot von 43 Mio. Schilling im Nachhinein gegen ein Schweizer Bieterkonsortium durchsetzte. Bei den früheren 16 Gemäldeverkäufen Schieles in heimischen Auktionen handle es sich, laut "Im Kinsky"-Pressetext, um "künstlerisch weniger bedeutende Frühwerke".

Allerdings: Auch das nun von einem US-Sammler eingebrachte Ölbild - er versuchte es zuvor über die New Yorker Galerie St. Etienne zu verkaufen - ging schon zweimal über österreichische Auktionstresen. Beide Male im Dorotheum, 1954 und 1968, wo es der in der Schweiz lebende George Wächter ersteigerte. 1996 wurde das Bild dann von der "George Wächter Memorial Foundation" bei Sotheby's New York in einer Nachlassauktion verkauft. Mit einem Hammerpreis von 530.500 US-Dollar kam es nicht über den Ausrufungspreis hinaus.

So wundert es nicht, dass angesichts des mutigen Schätzpreises der "Im Kinsky"-Experten von 850.000-1,500.000 € in Fachkreisen eher Zurückhaltung herrscht. Für Konkurrent Wolfdietrich Hassfurther ist die Ausgangslage "unberechenbar": "Bei mehreren Bietern ist alles möglich!" Und Rudolf Leopold, der die Expertise verfasste, möchte sich gar nicht äußern. In der von ihm 2004 ausgerichteten Ausstellung aller wichtigen Schiele-Landschaften hatte er dem Bild allerdings keinen Platz eingeräumt.

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