Dialog über die Grenzen hinweg
Teenager-Girlies in Plastikschlapfen in polnischer Landeinöde, ein rosa
Plüschteddy mit Bär-Baby, ein Radio auf kitschiger
Plastikblumentischdecke, billige Kopien von Madonnen und Heiligen an den
Wänden, abgearbeitete Alte, fröhliche Kinder mit aufgerissenen Knien: Die
"Bilder aus Krzywa und Jasionika" im KulturKontakt-Austria-Pavillon zeigen
die südpolnische Provinz, wie sie dortige Kinder von 8 bis 17 Jahren
sehen. Aufrichtig, berührend, unverblümt spiegeln die Fotos die Realität
einer armen Region wider. Der renommierte Schriftsteller Andrzej
Stasiuk und seine Frau Monika Sznajderman initiierten das engagierte
Kunstprojekt mit dem Fotografen Piotr Janowski, der 25 Kameras an die
Kinder verteilte. "Die Fotos strahlen Kraft und Optimismus aus, zeigen ein
Stück osteuropäischer Lebenswelt", sagt Annemarie Türk, Leiterin von
Kultur und Sponsoring bei KulturKontakt (KK).
Sie holte die Schau in den
"Piroschkarev"-Pavillon. Seit letztem Herbst hat KulturKontakt den
Raum auf der "Transeuropa"-Meile des quartier21, regen Austausch mit
der Region pflegt man auf mehreren Ebenen schon viel länger. In
seinem "Piroschkarev"-Pavillon im Wiener MuseumsQuartier zeigt
KulturKontakt Austria derzeit also die südpolnische Wirklichkeit,
wie man sie sonst kaum zu sehen
bekommt. |
Sie holte die Schau in den "Piroschkarev"-Pavillon. Seit letztem Herbst
hat KulturKontakt den Raum auf der "Transeuropa"-Meile des quartier21,
regen Austausch mit der Region pflegt man auf mehreren Ebenen schon viel
länger. In seinem "Piroschkarev"-Pavillon im Wiener MuseumsQuartier
zeigt KulturKontakt Austria derzeit also die südpolnische Wirklichkeit,
wie man sie sonst kaum zu sehen bekommt. Diese aktuelle Schau ist aber nur
die sichtbare Spitze von 14 Jahren nachhaltiger Pionierarbeit in Kultur
und Bildung, die heute 22 Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas erreicht.
Gegründet wurde KulturKontakt 1989 mit drei Mitarbeitern. "Wir wollten
Berührungsängste zwischen Wirtschaft und Kultur abbauen und Interesse
wecken", sagt Geschäftsführer Dr. Kurt Wagner. Was für heimische
Künstler gedacht war, wuchs sich rasch zur umfassenden kooperativen
Plattform für ganz Mittel-, Ost- und Südosteuropa aus. Bei der ersten
osteuropäischen Kulturministerkonferenz 1990 in Wien fiel mit der Gründung
eines Fonds der Startschuss, seitdem stellte KulturKontakt über 3.000
Kunstprojekte jeder Dimension und Sparte in 22 Ländern auf die Beine. In
der Krisenregion Balkan förderte man Übersetzungen osteuropäischer
Literatur durch österreichische Verlage. Lesungen daraus sind
mehrsprachig. Seit 1993 können je vier Künstler drei Monate in den
Gastateliers in der Davidgasse arbeiten. Ihre Präsentationen in der
atmosphärisch-stimmungsvollen alten Heller-Schokoladenfabrik arten immer
in Events aus, für viele war der Wien-Aufenthalt ein Karriere-Sprungbrett.
Dan Perjovschi aus Rumänien, Jiri Suruvka aus Olmütz, die Polin Katarzyna
Kozyra sind nur einige, die später auf der Biennale in Venedig
ausstellten. "Künstler suchen Zusammenarbeit.
Unterstützung von außen erhöht
ihren Stellenwert im Heimatland", sagt Türk. Was sie besonders
freut: "Nun setzen regionale Kooperationen ein. Slowenische Künstler
interessieren sich für den Balkan, die Litauer für die
Ukraine. |
Unterstützung von außen erhöht ihren Stellenwert im Heimatland", sagt
Türk. Was sie besonders freut: "Nun setzen regionale Kooperationen ein.
Slowenische Künstler interessieren sich für den Balkan, die Litauer für
die Ukraine. Das war früher undenkbar." Allmählich schätzt man Kunst
von den Rändern Europas auch hier: Seit 2002 stiftet die Firma Henkel CEE
einen Kunstpreis. Wagner: "Firmen mit Sitz im Osten wollen nun Künstler
aus der Region fördern." Pionier in der Bildungsarbeit ist
KulturKontakt seit 1994 . "Die zerstörte Mostar-Brücke aufbauen, ist ein
starkes, medienwirksames Bild. Ob ein Schüler sich nach jahrelangem
Umdenkprozess kritisch mit der Welt auseinandersetzt, sieht man dagegen
nicht. Er schaut aus wie vorher", sagt Monika Mott, Leiterin des Bereichs
Bildung. Hier werden mit lokalen Partnern Projekte entwickelt. Sie helfen
den Reformstaaten, eigenständig moderne, dezentralisierte, auf regionale
Bedürfnisse maßgeschneiderte Bildungssysteme aufzubauen. "Die politischen,
sozialen, wirtschaftlichen Umbrüche stellen junge Leute vor enorme
Aufgaben. Sie müssen flexibel sein, Eigeninitiative und Teamgeist
entwickeln", so Mott. Elf Bildungsbeauftragte bauen mit Partnern vor Ort
auf dortigen Strukturen tragfähige Netzwerke mit Know-how-Transfer auf. An
13 albanischen, bulgarischen, rumänischen und mazedonischen Schulen wurde
z. B. die praxisorientierte Lernmethode der "Übungsfirmen" eingeführt,
übers "Eco-Net" wird miteinander gehandelt und gelernt. Seminare und
Workshops bilden MultiplikatorInnen aus. So fördern regionale
Bildungsprojekte in Südeuropa den Dialog über nationale Grenzen hinweg und
helfen Vorurteile abzubauen. "Noch liegen Ost- und Westeuropa auf einer
schiefen Ebene. Unser Ziel ist, sie gerade zu rücken", so Wagner. Die
jüngste KulturKontakt-Initiative ist das "Twinning"-Projekt. Erfahrungen
aus der Schweiz, Deutschland, Ungarn, Norwegen, Italien und Österreich
sollen Serbien zur optimalen Lösung für Dezentralisierung und
Demokratisierung der Bildungsverwaltung finden lassen. KulturKontakt baut
lebende Brücken in die Zukunft. Die Ausstellung "Polnische Kinder
fotografieren die Welt" ist noch bis 2. März 2003, zu sehen.
KulturKontakt, Austria Pavillon "piroschkarev", MusemsQuartier Wien.
Veranstaltungshinweis: Am 7. März veranstaltet KulturKontakt den
Literaturabend "Europa Erlesen" - Frauenliteratur aus Ost- und
Südosteuropa." Fünfsprachige Lesung mit Musik. Es lesen: Dessilslava
Urumova (Bulgarien), Ana Bilic (Kroatien), Zdenka Becker (Slowakei), Elena
Kirchberger-Egarnina (Russland), Karin Kienzer (Österreich); Moderation:
Marianne Gruber, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für
Literatur. 7. März, 19.30 Uhr, quartier21 - Freiraum, 1070 Wien,
MuseumsQuartier.
Erschienen am: 28.02.2003 |
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