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Madonna mit Spinnwebenschleier

Paloma Varga Weisz ist eine klassische Schnitzerin. Die Städtische Galerie Schwaz präsentiert erstmals in Österreich die Kunst der Deutschen.

SCHWAZ. Die Prägung, die die Meisterschülerin von Tony Cragg und Gerhard Merz durch ihre Ausbildung zur Holzschnitzerin in Bayern erhielt, wurde wohl bestimmend für das Werk von Paloma Varga Weisz. Denn an mittelalterliche Schmerzenmänner oder Madonnen erinnern ihre in altmeisterlicher Technik geschnitzten Figuren, die wie mittelalterliche Skulpturen in vielen Schichten bunt gefasst sind.

Doch Paloma Varga Weisz ist ganz eine Künstlerin von heute, wenn auch eine Solistin im internationalen Kunstbetrieb. Nach Schwaz hat sie eine "Waldfrau", einen "Beulenmann" und eine "Stubaifrau" mitgebracht, inszeniert als eigenartig befremdliche und doch berührende surreale Installationen.

Paloma Vargas Figuren scheinen aus Märchen entsprungen zu sein, die man allerdings nicht kennt. Etwas Albtraumhaftes umflort diese zwittrigen Wesen, die Ausgeburten eines kollektiven Bewusstseins zu sein scheinen in ihrer Kombination von Erfundenem und Zitiertem.

So erinnert etwa ihre "Waldfrau" in ihrer Komposition durchaus an eine alpenländische Madonna mit Kind, wenn auch die Madonna eine in einen Mantel aus Tarnstoff gewickelte Gliederpuppe mit einem Schleier aus Spinnweben ist. Ihr Spiel mit Faszination und Abscheu reizt die Künstlerin aber in der Gestaltung des Kindes aus, dessen Körper mit Beulen übersät ist, die an die Brüste der antiken Artemis genauso erinnern wie an Greuelbilder aus der Dritten Welt.

Städtische Galerie, Franz-Josef-Straße 27, Schwaz; bis 18. Jänner, Mittwoch 10 bis 19 Uhr, Donnerstag und Freitag 13 bis 19 Uhr, Samstag 10 bis 13 Uhr
2003-01-08 15:33:35