Identitäten und Stereotypen | |
Mit Dirndlkleidern und Gratisschnaps wird in Linz das
österreichische Selbstverständnis hinterfragt.
|
Wenn Österreicher nicht gerade Wiener
Schnitzel essen, laufen sie im Dirndl und in Lederhosen singend über
Almwiesen. So oder so ähnlich lautet eines der gängigsten Klischees über
die Österreicher im Ausland. Schuld daran, dass man mit Österreichern
nicht Musikvirtuosen à la Mozart verbindet, ist die Trapp-Familie und der
1965 über sie gedrehte Trachten- und Jodelschinken The Sound of
Music. Den meisten Österreichern ist dieser Film unbekannt. Im fernen
Ausland - und hier vor allem in Amerika - hat dieser Streifen das
Österreich-Image nachhaltig geprägt. Gründungsmythen thematisiert Die südafrikanische Künstlerin Candice
Breitz hat sich als Artist in Residence im Linzer OK Centrum für Gegenwartskunst mit
dem internationalen Österreichklischee auseinandergesetzt. Besonders
interessiert hat sie der Aspekt des nationalen Selbstbildnisses im
Vergleich zum international vorherrschenden Stereotyp. In ihrer Karaoke-Performance "Karaoke Austria" im Rahmen der
Ausstellungsergänzung "New Cuttings" dringt die Künstlerin bis zu den
Gründungsmythen der Zweiten Republik vor. Glaubt man der landläufigen Mähr
vom Staatsvertrag von 1955, dann ist dieser kein Ergebnis geschickter
Verhandlungsdiplomatie gewesen, sondern einzig der Trinkfestigkeit der
damaligen Bundesregierung zu verdanken. Die ausländische und die
innerösterreichische Wahrnehmung des Landes verbindet die Künstlerin am
Arena Platz vor dem OK Centrum für Gegenwartskunst.
Viele Betrunkene Möglichst viele Menschen sollen bei einem Massen-Karaoke die Lieder von
"Sound of Music" singen. Die Texte laufen auf einem Leuchtschriftband
entlang der Hausmauer des OK Centrums. Den meisten Österreichern sind die
Lieder, mit denen viele Ausländer typisch Österreichisches assoziieren,
unbekannt. Das Österreich-Image wird den Sängern über die
Karaoke-Installation übergestülpt - so wie das die Österreicher bei
anderen Völkern mit anderen Images tun. Damit die unbekannten Melodien auch richtig gesungen werden, hat man
zwei Sänger engagiert. Der alkoholgeschwängerte Gründungsmythos der
Zweiten Republik wird zum realen Selektionskriterium erhoben. Beim Linzer
Massen-Karaoke darf daher nur singen, wer schwer betrunken ist. Damit
diese "Auflage" tatsächlich sichergestellt ist, werden an die Sänger
rot-weiß-rote Sticker mit der Aufschrift "Karaoke Austria" verteilt. An die so gekennzeichneten Personen schenken Kellnerinnen in
Dirndlkleidern dann Unmengen Schnaps aus. Alle anderen Besucher müssen für
die Getränke bezahlen. Die gesamte Performance wird filmisch dokumentiert
und ist im Rahmen der Ausstellung "Cuttings" im OK Centrum für
Gegenwartskunst noch bis 15. Juli 2001 zu sehen. Biografie verarbeitet Für Candice Breitz ist das Spiel mit nationalen Identitäten und
Stereotypen ein Teil ihrer eigenen Biografie. Die 1972 in Johannesburg
geborene, weiße Künstlerin hat ihre Jugend noch während des
Apartheid-Systems verbracht und kennt die Mechanismen, die zu Klischees
und Ausgrenzung führen. Sechs Minuten "Basic Instinct" In einem zweiten Projekt hat Candice Breitz ihre Arbeit "Soliloquy
Trilogy" aus dem Jahr 2000 adaptiert. Das Ausgangsmaterial sind Filme mit
Clint
Eastwood (Dirty Harry),
Aus diesen Filmen hat Breitz jene Stellen herausgefiltert, in denen die
Stars verbal vorkommen. Sharon Stones' Auftritt in "Basic Instinct"
reduziert sich so zum Beispiel auf einen 6 Minuten und 11 Sekunden
dauernden unzusammenhängenden Monolog. Das Filmskript ergibt nur Fünf DIN
A4-Seiten in der Schriftgröße 14 Punkt. Sharon Stone mit schwarzen Haaren
Schauspieler ersetzt In "Soliloqui Triloy" geht es Candice Breitz ebenfalls um das Spiel mit
Stereotypen. Die Stars in Hollywood-Filmen werden immer gestylt in perfekt
durchkomponierten Szenen gezeigt. So gewinnen sie in Filmen eine
übermächtige Präsenz. Durch die ausschließliche Konzentration auf den Star
wurde diese Präsenz in der ersten "Soliloqui Trilogy"-Serie noch
verstärkt. Mit dem Ersetzen der Stars durch Laienschauspieler wird die
Selbstverständlichkeit ihrer Präsenz gebrochen und die Filmsequenzen
dadurch in einen anderen Kontext gestellt. Tipp: Candice Breitz: "New Cuttings", O.K. Centrum für Gegenwartskunst Linz, bis 15. Juli 2001. | ||||||||