MAK zeigt Mihály Birós "Pathos in Rot" auf
Plakaten von 1910 bis 1930
Ein Kraftprotz mit Besen
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Mihály Birós dynamisches Werbeplakat für Meinl Kaffee-Import aus dem
Jahr 1922. Foto: MAK
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Von Brigitte
Borchhardt-Birbaumer
![Aufzählung Aufzählung](00090959-Dateien/wzfeld.gif)
Auf unseren
Plakatwänden herrscht der Kommerz, selbst die politischen Plakate sind
kunstlos und werden nach Wahlen sofort vergessen – Wien als Plakatstadt
des frühen 20. Jahrhunderts hätte etwas Besseres verdient.
Als
noch kein Monopol herrschte, konnten bekannte und begabte
Gebrauchsgrafiker ihre nachhaltigen Signets setzen. Einer von ihnen war
der Ungar Mihály Biró (1886 bis 1948), der an der Gewerbeschule in
Budapest zuerst Kleinplastik studierte, was wohl zu seinem später
bekanntesten Sujet auf Plakaten für die Sozialdemokraten in seinem Land
und in Österreich führte: dem kraftstrotzenden Hammerschwinger in Rot.
Zuweilen greift das nach einem erfolgreichen Freistilringer
geschaffene Modell auch zum Besen und kehrt die Vertreter bürgerlicher
Parteien in die Ecke. Auch angebunden von Binden des Bankensystems traf
dieser starke Mann damals genau ins Herz der Wähler – die politische
Plakatkampagne war äußerst erfolgreich.
Keine Scheu vor Tabubrüchen
Tabubrüche wie die Einbringung religiöser Ikonografie scheute er
nicht. Einmal wirbt Christus als Bettler gegen die Geldgier der Bonzen,
Merkur tritt nackt als antikes Zitat in die aktuellen Debatten und eine
Arbeiterhand packt eine Schlange – sie wirbt für die "Arbeiterzeitung",
aber auch der Bauernstand wird angesprochen. Dazu gibt es auch Plakate
für bekannte Firmen, eine davon die Kaffeefirma Meinl, aber auch für
Seifen, Papier, Rasierklingen und die Schnellkochherdmarke Hausfreund
schuf er teils eindrucksvolle, oft sehr dynamische Blätter. Früh
konzentrierte sich Biró auf flächenhafte Buchstaben- und Farbeindrücke.
Er hatte sein Handwerk in der Plakatmetropole Berlin und in England auf
damals neuesten Stand gebracht. Damit wurde er zwischen 1914 und 1920
einer der meist beschäftigten Grafiker – sein Plakat "Palma
Gummiabsätze" von 1911 wurde in vielen Varianten gedruckt.
Doch neben politischer Propaganda ist die pazifistische Einstellung,
das soziale Engagement und der Fortschrittsglauben kennzeichnend in
Birós Werk. Zwischen 1919 und 1928 flüchtete er vor dem rechten Regime
von Miklós Horthy nach Wien und prangerte in 20 Lithografien dessen
Diktatur an. Ungeschönt sind Folter, Vergewaltigung und politische Morde
festgehalten – die Courage, diese Mappe zu signieren, brachte ihm lange
Jahre der Verfolgung ein.
Statt Hammerschwinger Plakate für den Film
Doch Biró schuf in den 20er Jahren die Plakate für die Wiener
Sozialdemokraten und fand neben der Wandlung des roten Hammerschwingers
eine neue lukrative Aufgabe, das Filmplakat. Ein besonderes Beispiel
dafür ist die exotische Orientalin mit Schlange, die aus tiefem Schwarz
hervortritt und das S bildet für "Sumurun. Der Wunderfilm" von Regisseur
Ernst Lubitsch mit Pola Negri.
Ab 1928 war Biró bei der UFA in Berlin angestellt und schuf
Filmplakate, bis die Nationalsozialisten seine Rückkehr nach Wien
erzwangen. 1934 musste er vor den Austrofaschisten flüchten, kam über
die Tschechoslowakei nach Paris und 1947 schließlich, schwer
lungenkrank, zurück nach Ungarn, wo er eine verliehene Professur nicht
mehr antreten konnte. Die folgenden Generationen von Gebrauchsgrafikern
hat er trotzdem beeinflusst.
Ausstellung
Mihály Biró: Pathos in Rot
Kathrin Pokorny-Nagel
(Kuratorin)
MAK
Kunstblättersaal
bis 9. Jänner 2011
Printausgabe vom Mittwoch, 06.
Oktober 2010
Online seit: Dienstag, 05. Oktober 2010 19:28:11
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