Salzburger Nachrichten am 21. März 2006 - Bereich: Kultur
Punk und Harlekin

"Werkschau Maria Lassnig" heißt ein Schwerpunkt der "Diagonale 06", die heute, Dienstag, in Graz eröffnet wird. Zehn Filme der Künstlerin sind zu sehen.

MARTIN BEHRGRAZ (SN). "No Name City": Mit Florian Flickers dokumentarischem Ausflug in eine Western-Erlebnisstadt vor den Toren von Wien wird heute, Dienstag, die "Diagonale 06" in Graz eröffnet. Ein Schwerpunkt des bis einschließlich Sonntag dauernden Festivals des österreichischen Films wird eine "Werkschau Maria Lassnig" sein.

Zehn Filme aus der Zeit zwischen 1970 und 1992 der Kärntner Künstlerin sind in neu restaurierten Kopien zu sehen, Lassnig hat angekündigt, nach Graz zu kommen.

Aus dem Œuvre der 1919 in Kappel am Krappfeld geborenen Künstlerin sticht eine ständige Lust zur Erneuerung, zum Ausbrechen aus gesicherten Pfaden hervor. Ein gutes Beispiel dafür ist "Kantate", ihr vorerst letzter Film. Die damals 73-jährige Künstlerin posiert in zahlreichen verschiedenen Kostümen: Als braves Schulmädchen vor der Tafel, als Luftballon zerfetzender Punk vor gezeichneter Freiheitsstaue, als Harlekin in einer gemalten Landschaft oder als glamouröse Femme Fatale.

Begleitet von den Tönen einer Drehleier erzählt Maria Lassnig singend ihre Lebensgeschichte: Bilder eines (möglichen) Lebens, ein mit reichlich Ironie und Humor ausgestatteter Kurzfilm über die eigene Vergänglichkeit.

Der Lassnig-Schwerpunkt (Mittwoch und Freitag) steht im Dialog mit der Ausstellung "Zwei oder Drei oder Etwas", die im Grazer Kunsthaus Malereien der Kärntnerin mit Objekten der US-amerikanischen Künstlerin Liz Larner vereint. Das Medium Film eröffne ihr einen Freiraum, betont Lassnig. "Ich habe in meinen Filmen Sachen verwirklichen können, die in der Kunst nicht möglich waren." Sie habe ihre Talente für Poetik, Musik oder Philosophie einbringen können, sagt Lassnig, die Anfang der 70er Jahre an der School of Visual Arts in New York einen Zeichentrick-Kurs belegt hat. Und: "Es sind auch keine Auftragsfilme, deshalb sind sie sehr nah an mir geblieben."

Positionen der Körperfindung, wechseln zwischen "Realfilm"-Bildern und comicartigen Sequenzen, ein lustbetontes Hantieren mit Versatzstücken aus der Kunstgeschichte, der Kirche oder der Erotik sowie süffisante Kurzbemerkungen zum weiten Feld der Geschlechterproblematik: inhaltlich wie auch formal lotet Maria Lassnig in ihren Filmen Grenzen aus. Sehenswert ist das 1971 in New York entstandene "Selfportrait": Lassing erscheint über ein im Comic-Stil gezeichnetes Gesicht, ihre Stimme, halb singend, halb redend, teils in Englisch, dann wieder in kernigem Österreichisch ist aus dem Off zu hören. In "Couples" (1972) wiederum vollführt sie ein Feuerwerk der Animationstechniken. Im Zentrum: fleischfarbene Geschlechtsausstülpungen, die zueinander wollen, aber doch nicht ineinander passen.