Die benebelte Jungfrau

(cai) Die Amerikaner sind halt einfach extrem. Ihre Zigarrenspitzen beißt sicher ein dressierter Chihuahua ab. Und wie viel die erst für den Gesprächstherapeuten von ihrem depressiven Goldfisch ausgeben! Einmal pro Woche kommt natürlich der Teppich-Coiffeur, der dem Flokati die Zotteln mit Lockenwicklern eindreht. Und wenn ihr verwirrter Pudel sich dann dauernd mit dem Schneckerlteppich paaren will, brauchen sie auch für den einen Therapeuten. (Äh, für den Hund oder für den Teppich?)

Aber das ist noch immer nicht die ultimative Dekadenz. Beim Feichtner läuft grad ein schockierender Aufklärungsfilm über einen Pool mitten in der Wüste, wo sich noch nie ein Wasserhahn hinverirrt hat. Der Durst des Schwimmbeckens wird umständlich von einem Löschflugzeug gelöscht. Mit dramatisch gefärbtem Wasser. Ach nein, das ist Kunst. Hat was Endzeitromantisches. Der blutrote "Smog" senkt sich pittoresk aufs staubige, klimakatastrophale Land. Ob sich der Christian Keinstar hier über die Showgeilheit lustig macht? Raffinesse und Bosheit mischen sich in seinen markanten Aktionen und Objekten jedenfalls auf geradezu spektakuläre Weise.

Bei seinem "glühend heißen" Staberl war ich ja zunächst misstrauisch, ob mich da bloß ein oranges Neonröhrl reinlegen will. Doch nein, es hat wirklich 850 Grad Celsius. Und die ruhende Venus von der Eröffnungsperformance hätte genauso gut eine hyperrealistische Skulptur sein können. Und weil sie eine Nebelmaschine dabeigehabt hat, hätte man sich ja einen Zaubertrick erwarten dürfen: "Die benebelte Jungfrau." Dass die Venus also durch eine Klappe im Podest verschwindet und sich statt ihr zum Beispiel ein Gorilla herumräkelt, nachdem sich die Schwaden verzogen haben. Aber die Nackerte blieb stur (und liegen).

Stiere lächeln nicht

(cai)Wer ist das? :-) (Die Mona Lisa. Na ja, sofern man seinen Kopf um 90 Grad nach links kippt.) Und das? :-I (Die Mona Lisa macht ein biometrisch korrektes Passgesicht.) Aber so einfach macht es sich der Herwig Zens eh nicht mit seinen Paraphrasen. Außerdem steht er mehr auf Goya. Und bei dem lächeln die wenigsten. Außer natürlich die @:-). Haben Sie sie erkannt? Richtig: die Königin Maria Luisa, die gern komische Hüte trägt. Mit der Hingabe eines Süchtigen hat der Zens praktisch Goyas gesamtes Œuvre in seine saloppe, zügellose Handschrift übersetzt. Immerhin malt er so unleserlich, wie er dann die Titel auf die Bilder kritzelt. "Kringstuf"? Nein: "Kriegsgott"! Seltsamerweise ist sein Goya einwandfrei zu entziffern. Oder zu erraten. (In den famosen Grafiken sowieso.) Ungefähr so )8:I stell ich mir übrigens einen panisch glotzenden Stier vor, kurz bevor er vom Pinsel des Zens erlegt wird. (Tja, ich hab nie behauptet , ich wär’ eine begnadete Phantombildzeichnerin.)

Amerikalypse

(cai)Eventuell glaubt der Bernhard Fruehwirth ja, dass die Welt bald untergeht (und dass sie das irgendwo in Amerika tun wird). Und um uns nicht zu beunruhigen, hat er seine apokalyptischen Vorahnungen in Rätsel verpackt. Die Streifen und Sterne stammen eindeutig aus der US-Fahne, ein Andreaskreuz verheißt sowieso nix Gutes (zumindest auf Putzmittelflaschen), und ein Schild fordert Aids und Drogen für jeden. Das mysteriöse Wort UMADUL ist vielleicht ein Anagramm, und unter den 720 Möglichkeiten, die Buchstaben anzuordnen, befindet sich eine sinnvolle. Kryptische Botschaften können ziemlich frustrierend sein. Aber der verspiegelte Boden hat seinen Reiz.

Galerie Feichtner

(Seilerstätte 19) Christian Keinstar Bis 25. Oktober Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr Sa.: 10 – 16 Uhr

Galerie Lehner

(Getreidemarkt 1/8) Herwig Zens: Goya Bis 18. Oktober Di. – Fr.: 15 – 19 Uhr Sa.: 10 – 13 Uhr

Galerie Mezzanin

(Getreidemarkt 14) Bernhard Fruehwirth Bis 8. November Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr Sa.: 11 – 15 Uhr

Dienstag, 14. Oktober 2008