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Kunstberichte

Heimische Museen unter Druck

Zusatzerträge aus Cafés, Geschäften und Kultur-Sponsoring sollen größeren finanziellen Spielraum bringen
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- Pro Jahr besuchen rund 1,1 Millionen die Ausstellungen im Museums-Quartier, weitere 1,4 Millionen kommen, um zu flanieren oder zu essen. Das Bild zeigt Kulturinteressierte vor dem Leopold-Museum bei der Langen Nacht der Museen.  Foto: apa

Pro Jahr besuchen rund 1,1 Millionen die Ausstellungen im Museums-Quartier, weitere 1,4 Millionen kommen, um zu flanieren oder zu essen. Das Bild zeigt Kulturinteressierte vor dem Leopold-Museum bei der Langen Nacht der Museen. Foto: apa

Von Franz Steinbauer

Aufzählung Nachholbedarf in der österreichischen Kulturlandschaft.
Aufzählung London und New York Vorbilder bei Kunst-Vermarktung.
Aufzählung Kultur-Sponsoring der Wirtschaft in Österreich steigt.

Wien. Auf die Museen kommen neue Herausforderungen zu. Laut Stefan Höffinger, Vizepräsident der Consulting-Partnerschaft A.T. Kearney Mitteleuropa und Fachmann für das Endkunden-Geschäft, werden sich die heimischen Ausstellungen und Sammlungen einiges von ihren Pendants in New York und London abschauen müssen, um die eigene Zukunft zu sichern.

Höffingers Prognose für die kommenden Jahre lautet, dass der österreichische Staat seinen Anteil an der Finanzierung der Museen auf Grund der Sparpolitik zurückfahren müsse. Das Diktat der leeren Kassen werde nicht von heute auf morgen verschwinden. Die Ausstellungen und Sammlungen in Österreich müssten in Zukunft den Ausfall staatlicher Subventionen durch Zusatzerträge ausgleichen.

Museen wie die Tate Gallery in London oder das Metropolitan Museum in New York agierten bereits wie private Unternehmen, betont der A.T. Kearney-Experte. Der Anteil der Staatssubventionen ist äußerst gering. Die Tate Gallery in London ist zu 69 Prozent privat finanziert.

Jeder KHM-Besucher mit 16 Euro gefördert

In Österreich, wo das Zusatzgeschäft (zum Beispiel mit Restaurants und Geschäften in den Museen) noch unterentwickelt ist, verhält es sich genau umgekehrt. Das Kunsthistorische Museum (KHM) in Wien bekommt sein Geld zu 61 Prozent vom Staat. Für die Museumsbesucher heißt das: Österreich fördert zum Beispiel jede KHM-Eintrittskarte mit rund 16 Euro. In London und New York schießen die staatlichen Stellen nur 9 Euro bzw. 4 Euro pro Kopf und Nase zu.

Die Albertina sticht als positive Ausnahme in der heimischen Museumslandschaft heraus. Nur 38 Prozent des Etats bringt die öffentliche Hand auf, 62 Prozent erwirtschaftet die Wiener Sammlung selbst. Höffinger relativiert jedoch den Vergleich der beiden Museen: "Die Albertina tut sich mit Publikumsmagneten wie der Dürer-Ausstellung natürlich leicht, viele Besucher anzulocken."

Das Kultursponsoring ist in Österreich noch nicht so entwickelt wie in den USA oder Großbritannien. Trotzdem ist das heimische Kultursponsoring in den vergangenen Jahren – von einem niedrigen Niveau aus – stark gestiegen. Von 2004 auf 2005 wuchs das Sponsoring-Volumen um 16 Prozent auf insgesamt 43 Mio. Euro. Zum Beispiel werden die Salzburger Festspiele nicht nur vom Staat, sondern auch von Nestle, Audi, Uniqa, Siemens und Credit-Suisse unterstützt.

Mehr Geld durch

Zusatzangebote

Die Museen entdecken die Museumsbesucher als Kunden mit vielschichtigen Bedürfnissen. Der Kunde wolle sich ein schönes Gesamterlebnis an einem Wochenende kaufen. Da sei eine Ausstellung allein zu wenig. Der Museumsbesuch müsse durch Einkäufe und ein Essen im Museumscafé abgerundet werden, so der Experte.

Bei den durchschnittlichen Umsätzen in Museumsshops liegt Österreich noch zurück. Während im New Yorker Metropolitan Museum der imaginäre Einheitskunde 14,3 Euro pro Jahr ausgibt, macht er im KHM in Wien nur 5,4 Euro locker.

Museen können Städte beträchtlich aufwerten. Wie Höffinger sagt, hat sich die nordspanische Industriestadt Bilbao durch die Ansiedlung des Guggenheim Museums zu einem beliebten Reiseziel entwickelt. Bilbao ist für ihn ein besonders gelungenes Beispiel der "Kunst, Kultur zu managen". Jährlich besucht rund eine Million Interessierte das Guggenheim Museum. Bei einer Umfrage haben 88 Prozent angegeben, dass sie eigens wegen des Museumsbesuches gekommen sind. "Man sieht, was eine einzige Institution für eine gesamte Stadt leisten kann", so der A.T. Kearney-Fachmann.

Montag, 27. November 2006


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