Wien (VN-kh) Die "umfassendste Schiele-Ausstellung seit 1948"
nennt Albertina-Direktor und Ausstellungskurator Klaus Albrecht
Schröder die heute beginnende Präsentation. 220 Werke finden sich
hier, davon 130 aus dem Besitz der Albertina selbst; der Rest sind
Leihgaben aus Museen und Privatsammlungen.
Das Schwergewicht liegt auf Akt- und Kinderbildnissen sowie
Selbstporträts aus den Jahren 1910 bis 1915. Bei ihrer Entstehung
waren viele der Werke als Pornographie verschrien, Schiele wurde
sogar wegen des Verdachts der Kindesentführung und Schändung im
April 1912 für 24 Tage inhaftiert. Zehn der 13 im Gefängnis
entstandenen Arbeiten sind nun zu sehen.
Weitestgehend ausgespart sind hingegen die Frühwerke der Jahre
1906 bis 1909 sowie die Spätwerke 1917/1918 und Landschaftsbilder.
Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut, gibt einen Überblick
über die Arbeiten auf Papier und fasziniert durch die ungewöhnliche
Zusammenstellung nach Werkgruppen.
Später nicht zu sehen
Von der "Schamlosigkeit als ästhetisches Prinzip" über
"Kinderbilder", "Schiele im Gefängnis" oder den "stigmatisierten
Leib" bis zur "Selbstheiligung des verkannten Künstlers" reicht die
Palette der Vorgaben. Dadurch wird die stilistische Entwicklung des
jung verstorbenen Künstlers - Schiele lebte von 1890 bis 1918 -
erkennbar. Werke, die in einer Sitzung entstanden sind, präsentiert
die Albertina gruppenweise, um die "filmische Sequenz" der
Arbeitsweise Schieles deutlich zu machen.
Zu sehen sind auch jene fünf Schiele-Zeichnungen, die
Albertina-Direktor Schröder jüngst zum Missfallen des
Bundesdenkmalamts in der Schweiz restaurieren ließ. Vor allem ein
entfernter Falz beim "Mädchenhalbakt" erregte die Gemüter. Wegen der
Ruhezeiten, die den Arbeiten wegen ihrer Licht- und
Temperaturempfindlichkeiten zwischen den Ausstellungen gegönnt
werden müssen, werden die jetzt in Wien zu sehenden
Schiele-Zeichnungen, Gouachen und Aquarelle ab März wieder für
längere Zeit in den Archiven verschwinden.