VON CHRISTA DIETRICH
Bregenz, Wien (VN) Sich als Künstler zu
bezeichnen, ist mehr oder weniger Privatsache. Jeder kann es tun,
welchen Mechanismen man daraufhin ausgesetzt ist, stellt man ohnehin
bald fest. Sein Einkommen als Künstler zu versteuern bzw. als
Künstler Sozialversicherung einzuzahlen, ist eine andere Sache. Dazu
hat man sich als Künstler auszuweisen. Über die Frage, wem das
zusteht, ist zuletzt eine Diskussion entflammt.
Freilich, wer eine einschlägige Hochschule oder eine
sonstige anerkannte Ausbildung absolviert hat, für den stellt sich
die Frage nicht. Er ist Künstler, hat sozusagen diesen Status, der
vor allem im Zusammenhang mit der neuen Künstlersozialversicherung
oder Urheberrechten von besonderer Relevanz ist.
Weil es aber immer schon Menschen gab und gibt, die ihren
Lebensunterhalt mit einer künstlerischen Tätigkeit bestreiten, ohne
studiert zu haben, kann man seinen Status zum Beispiel auch von
einer dafür eingesetzten Kommission bestätigen lassen.
Im Bundeskanzleramt sind seit Jahren solche Gremien tätig, sie
setzen sich im Allgemeinen aus Künstlern selbst, Pädagogen und
Beamten bzw. Juristen zusammen. Damit die Tätigkeit dieser Fachleute
etwas transparenter wird, wurde zuletzt ein umfangreicher
Kriterienkatalog erstellt.
Anfechtbar
Dass ein solcher Katalog immer auch diskutierbar, ja
anfechtbar ist, wissen besonders jene, die schon einmal in einem
Beirat oder einer Kommission tätig waren. Einerseits werden
Kriterien verlangt, andererseits werden sie gelegentlich als wenig
zielführend erachtet, wenn auch als Diskussionsgrundlage meist
akzeptiert. Kein Wunder, dass sich viele nicht gerne in die Karten
schauen lassen, auch wenn sie nicht der Meinung sind, dass es zur
Beurteilung von Kunst überhaupt keine objektiven Kriterien gäbe.
Diese Ansicht - dass es keine Kriterien gibt - vertrat Wilhelm
Meusburger, Präsident der Vorarlberger Künstlervereinigung, bei der
jüngsten Generalversammlung.
Auch dort hat man um Aufnahme anzusuchen und damit zu rechnen,
dass man vom Vorstand abgelehnt wird. Im Allgemeinen ohne
Begründung, wie eine Künstlerin jüngst erfahren musste. Ein Vorgang,
der nicht unbedingt eine Bagatelle ist, denn auch die Mitgliedschaft
in einer Künstlervereinigung wird gerne als zwar nicht unbedingt
ausreichender, aber immerhin anführbarer Beleg für den
Künstlerstatus gesehen.
Im Kriterienkatalog des Bundeskanzleramtes, aus dem Werner
Grabher, Leiter der Kulturabteilung des Landes, bei der erwähnten
Generalversammlung zur Bereicherung der Diskussion zitierte, sind 20
Punkte aufgelistet, wobei positive wie auch negative Kriterien
angeführt werden, die die Kommission bei ihrer Entscheidung
berücksichtigen kann.
Untersucht wird beispielsweise, ob sich ein Künstler nur "an
tradierten Kunststilen orientiert" oder ob ein "häufiger Wechsel des
Gestaltungsausdrucks bzw. -vermögens" festzustellen ist. Fest steht,
dass das Werk über einen längeren Zeitraum hinweg zu beobachten ist,
um "zwischen Erlernbarkeit, individueller Eigenart, laienhafter
Bemühung bzw. gereifter Persönlichkeit" zu unterscheiden.
Ein wesentlicher Aufwand, den man sich dann schenkt, wenn man
einen Künstler nach Ansicht von zwei, drei Werken als solchen
anerkennt oder eben nicht.
"Ein Bild reicht . . . "
"Ich sehe ein Bild an und erkenne, dass es Schrott ist,
das reicht", wie ein Mitglied der Künstlervereinigung meinte, mag
eine Möglichkeit sein. Diese Möglichkeit ist aber wohl wesentlich
diskussionswürdiger als jeder Kriterienkatalog, den Fachleute nach
eingehender Beratung (auch ein Vorarlberger Künstler war dabei) als
Entscheidungshilfe erstellten.
Versicherungs- und urheberrechtlich ist es wesentlich,
dass man als künstlerisch Tätiger auch den Künstlerstatus hat.
(Foto: dpa)