Salzburger Nachrichten am 1. März 2006 - Bereich: Kultur
Mahlers Enkelin fordert Bild Antrag auf Rückgabe von
Munchs "Sommernacht am Strand" wird erneuert
Wien (SN, APA). Marina Mahler, Enkeltochter des Komponisten und
Staatsoperndirektors Gustav Mahler, erneuert ihre Forderung nach Rückgabe
des Gemäldes "Sommernacht am Strand" von Edvard Munch. Dieses war einst im
Besitz ihrer Großmutter Alma Mahler-Werfel und befindet sich nun in der
Österreichischen Galerie Belvedere. Eigentlich hatte der Restitutionsbeirat 1999 das Ansuchen Marina
Mahlers abgelehnt. Doch: Auch die Rückgabe der Klimt-Bilder an Maria
Altmann und die anderen vier Erben hatte der Beirat abgelehnt, bevor ein
Schiedsgericht befasst wurde. Nach dem Schiedsspruch über die
Klimt-Bilder, soll nun der Fall Mahler neu aufgerollt werden. Am 16. Februar habe er das Ansuchen in der österreichischen Botschaft
in Den Haag übergeben, berichtet Mahlers niederländischer Anwalt Gert-Jan
van den Bergh. Es habe ein Gespräch mit Werner Fürnsinn, dem Leiter der
Kommission für Provenienzforschung, gegeben. "Wir wiesen auf die seit dem
Verfahren 1999 neuen Erkenntnisse hin", sagte van den Bergh der APA.
Marina Mahler sei überzeugt, dass Österreich aus dem Fall Bloch-Bauer
gelernt habe. "Sollte der Beirat in ihrem Fall eine negative Entscheidung
treffen, wird sie nicht davor zurückscheuen, entweder in Österreich oder
im Ausland ein Gericht zu bemühen, um ihre Interessen durchzusetzen." Alma Mahler hatte das Gemälde "Sommernacht am Strand" 1916 zur Geburt
ihrer Tochter Manon aus der Ehe mit Walter Gropius vom Industriellen Karl
Reininghaus geschenkt bekommen. 1937 überließ sie es der Österreichischen
Galerie Belvedere für zwei Jahre. Einen Tag nach dem "Anschluss"
Österreichs an Hitler-Deutschland, am 13. März 1938, musste Alma mit ihrem
dritten Ehemann, Franz Werfel, fliehen. Wenige Tage zuvor bat man im
Belvedere Almas nationalsozialistisch gesinnten Stiefvater Carl Moll um
Intervention. Er sollte Alma zur Nennung eines Kaufpreises für das Bild
bewegen. Alma lehnte ab, und Carl Moll holte noch während der Dauer des
Leihvertrags das Bild - in ihrem Auftrag, wie er behauptete. Im April 1940
verkaufte er es schließlich der Österreichischen Galerie im Namen von
Almas Halbschwester Marie Eberstaller um 7000 Reichsmark. Nach dem Krieg forderte Alma das Bild mehrmals zurück. Die
Rückstellungskommission fand die Rückgabe zwar grundsätzlich berechtigt,
dennoch kam sie nicht zu Stande. Alma berief erfolgreich, 1953 verfügte
die Kommission die Restitution. Doch dann berief die Finanzprokuratur mit
Erfolg. Man befand, dass die Österreichische Galerie das Bild in gutem
Glauben erworben hatte. Alma suchte ihr Recht bis zu ihrem Tod 1964 immer
wieder, doch ohne Erfolg. 1999 lehnte der von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP)
geschaffene Restitutionsbeirat eine Rückgabe ab. Der neue Anlauf sei nicht
nur durch neue Fakten begründet, sagt van den Bergh. Auch könne sich die
Beurteilung mit der Zeit ändern: "Wie Sie wissen, hat es in Holland vor
kurzem die Goudstikker-Restitution von mehr als 200 Gemälden gegeben."
Dies sei möglich gewesen, weil die Rückgabekommission "als neue Erkenntnis
akzeptiert hat, dass sich die Haltung gegenüber enteigneter Kunst
grundlegend geändert hat". |