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vom 04.03.2005 - Seite 021

Von falschen und anderen Hasen

Hasen-Affäre, nächstes Kapitel: Die SPÖ bringt eine parlamentarische Anfrage an Bildungsministerin Gehrer ein. Eine Sperrfrist für Kunstwerke wird diskutiert. "Falscher Ansatz" sagt der oö. Landesgalerie-Chef Martin Hochleitner.

VON IRENE JUDMAYER

"Mit den österreichischen Behörden besteht derzeit eine geringfügige Meinungsverschiedenheit rein technischer Natur, die sich auf die Erlaubnis bezieht, fünf wichtige Werke der insgesamt 86 Leihgaben der Albertina nur für die Dauer von vier Wochen anstatt für die gesamte Laufzeit der Ausstellung zu zeigen." - Dermaßen diplomatisch umschifft eine von Albertina und Prado gemeinsam verfasste Presseerklärung die Probleme aufgrund der voreiligen Ausfuhr von Dürer-Werken aus der Albertina in das Museum Prado in Madrid. Bezüglich der weiteren "verwaltungstechnischen Vorgangsweise" sei man wegen der vorgeschlagenen besonderen Maßnahmen "zuversichtlich".

Zuversicht prägt auch noch die National Gallery Washington, die ihre Dürerausstellung ab 2. Oktober mit rund 120 Werken der Albertina bestücken will. Museumssprecherin Ziska: "We still hope". Obwohl laut Bundesdenkmalamt (BDA) auch die in Madrid gezeigten Dürer-Blätter nach der Prado-Schau fünf Jahre "ruhen" müssen.

Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder sagt jedenfalls, dass die große Dürer-Ausstellung der Albertina (2003) stets als "Einheit" zu sehen gewesen sei mit den Ausstellungen in Madrid und Washington. Er verwies auch darauf, dass man im internationalen Leihverkehr "Gegengeschäfte" zu tätigen habe. So waren bei der Dürer-Schau in der Albertina vier Werke aus Washington und dem Prado zu sehen. - darunter mit der "Haller-Madonna", das schönste und qualitätvollste Beispiel für die frühe Malerei bei Dürer.

Weniger optimistisch sieht es die SPÖ, die eine parlamentarische Anfrage an Bildungsministerin Gehrer einbrachte: "Hat das Bewahren wertvoller Exponate aus Ihrer Sicht Vorrang vor dem internationalen Kultur-Großereignis?" heißt es darin unter anderem.

"Ich finde, dass Diskussionen über Sperrfristen ein falscher Ansatz sind." - sagt Martin Hochleitner, Leiter der oö. Landesgalerie im OÖN-Gespräch: "Jetzt wird viel über Vollrechtsfähigkeit von Museen gesprochen. Das muss dann viele Dinge umfassen, auch die Verantwortung für Exponate."

Hochleitner findet den Dürer-Eklat insgesamt "eigenartig". Es gehe in Wahrheit weniger um das Objekt, als "um Macht und Streitigkeiten". Der auch im Ausland renommierte Kunsthistoriker weiters: "Wenn ein Museum den Auftrag hat, wirtschaftlich Einnahmen zu lukrieren, dann ist die internationale Leihpraxis ein wesentlicher Faktor. Das ist ein sehr komplexes System." Es sei ohnehin Teil einer musealen Perspektive, seine Kernstücke auch im Haus selbst zu zeigen. Im oö. Landesmuseum ist dies die bedeutende Kubin-Sammlung.

Albrecht Dürer

Deutscher Künstler und Kunsttheoretiker an der Schwelle von Spätgotik zu Renaissance. Geboren (1471) und gestorben (1528) in Nürnberg, wo er auch seine Werkstatt hatte. Ausgebildeter Maler und Goldschmied.

Kontakte zu humanistischen Gelehrten. Reisen nach Italien (1494) und in die Niederlande (1505-'07). Werk: Altarbilder, Porträts, Zeichnungen, Aquarelle. Erneuerte Kupferstichtechniken und Holzschnitt.

Fast exakt fünf Jahrhunderte, nach denen so ein Meister Lampe Albrecht Dürer Modell "saß", sorgt das Abbild für Aufsehen. (Litzlbauer)


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