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17.04.2003 - Kultur News
Staatliche Kindesweglegung
VON MICHAEL FLEISCHHACKER


Z
wischen der Bildungsministerin und "ihren" Museumsdirektoren gibt es ein Problem: Als man sich Ende des vergangenen Jahrhunderts darauf einigte, dass die Bundesmuseen in die Unabhängigkeit entlassen werden, schrieb man auch für jedes Museum eine - "Basisabgeltung" genannte - Summe fest, mit der fortan als jährlichem Zuschuss des Staates zu rechnen sein würde.

Nachdem nirgendwo festgehalten wurde, dass sich diese Summe mit der Inflationsrate oder sonstigen makroökonomischen Indikatoren erhöhen würde, mussten die Direktoren, die am Tisch saßen, wissen, dass sie sich auf ein riskantes Spiel einließen: Personal- und andere Fixkosten steigen mit einer gnadenlosen Automatik. Und das bedeutet, dass die Sponsorgelder, deren Lukrierung den Häusern durch die Vollrechtsfähigkeit erleichtert wurde, zu einem immer größeren Anteil auch zur Abdeckung der Fixkosten gebraucht werden.

Wenn also Klaus Albrecht Schröder und Wilfried Seipel heute darüber klagen, dass die Nicht-Erhöhung der Basisabgeltung ihre Jahresplanungen für 2004 auf den Kopf stellen wird, kann man ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass sie auf der Grundlage von Wünschen und Hoffnungen budgetiert haben. In der freien Marktwirtschaft, in der sich die Direktoren wähnen, ist so etwas eher unüblich.

Die Museumschefs berufen sich nun darauf, dass ihnen eine Anhebung der Basisabgeltung "versprochen" worden sei, weil man ja schon 1998 gewusst habe, dass die vereinbarten Summen eigentlich - ein österreichisches Schlüsselwort, nicht zufällig verwendet es der Bundeskanzler auf inflationäre Weise - zu gering veranschlagt waren. Die Ministerin ist "empfindlich", wenn sie so etwas hört: Nichts habe sie versprochen, sagt sie heute, sie tue, was sie könne.

Beide Reaktionen deuten darauf hin, dass vor fünf Jahren eine österreichische Lösung erzielt wurde: Man wusste, dass das Geld nicht reichen würde, der Finanzminister gab aber mit Blick auf die Budgets, die er zu verantworten hatte, nicht mehr her. Und so einigte man sich darauf, dass man halt einmal so starten solle. Bei günstiger Konjunktur und konsolidiertem Budget werde man gewonnene Freiräume zu Gunsten der Museen nutzen.

Nun ist eben die Konjunktur nicht angesprungen, das Budget ist nicht konsolidiert, und es gibt keinen Spielraum für die Museen. Und da zeigt sich, was die - nicht zu Unrecht - als "Entstaatlichung" gefeierte Ausgliederung der Museen auch ist: Eine Kindesweglegung.

michael.fleischhacker@diepresse.com

Der Streit um das Geld für die Museen zeigt: Budgets lassen sich nicht auf Hoffnung aufbauen.



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